Entscheidungsstichwort (Thema)

Internet für den Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat kann den Zugriff auf das Internet in der Regel unabhängig von konkreten Darlegungen einzelner Aufgaben verlangen.

 

Normenkette

BetrVG § 40

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Beschluss vom 10.12.2008; Aktenzeichen 6 BV 37/08)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 10. Dezember 2008 – 6 BV 37/08 – wird zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 10. Dezember 2008 – 6 BV 37/08 – wird als unzulässig verworfen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Freischaltung des in der Filiale 704 vorhandenen Internetanschlusses für alle (drei) Betriebsratsmitglieder sowie einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrates, diesen an der Benutzung eines USB-Sticks zur Erfüllung seiner Betriebsratsaufgaben zu hindern.

Die Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Sie betreibt in Deutschland mehr als 300 Verkaufsfilialen, die jeweils als eigenständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes geführt werden. Insgesamt beschäftigt sie zirka 15 000 Arbeitnehmer. Der Betriebsrat ist der am Standort Potsdam, Sterncenter gewählte Betriebsrat der Filiale 704, in der regelmäßig ca. 40 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sind.

In dieser Filiale werden im wesentlichen Bekleidungsartikel und Accessoires verkauft. Die Mitarbeiter der Filiale sind überwiegend im Verkauf tätig; nur ein geringer Teil arbeitet im Lager bzw. in der Abteilung für Schaufensterdekoration. Über einen PC-Zugang verfügen ausschließlich die Kassenverantwortliche und die Dekorateure. Die PC sind mit einer Software zur Erfassung des täglichen Umsatzes und der Arbeitszeit der Mitarbeiter ausgerüstet. Die beiden Geräte in den Bereichen der Dekorateure und der Kassenverantwortung haben keinen Internetanschluss und ermöglichen keinen E-Mail-Verkehr.

Ein dritter PC befindet sich im Büro des Betriebsrates; er ist mit einem persönlichen Laufwerk zur Datenspeicherung, einem Zugang zum Intranet der Arbeitgeberin sowie einem Office-Standardpaket (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationssoftware) ausgerüstet, Auf ihm ist ein so genannter E-Mail-Account zum Empfangen und Versenden von E-Mails eingerichtet.

Die Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses, zu denen auch die hiesige Vorsitzende des Betriebsrats gehört und die Personalverwaltung der Unternehmensleitung in Hamburg verfügen jeweils über einen Internet-Zugang.

Der Betriebsrat hat vor dem Arbeitsgericht beantragt, dass der für das hiesige Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses vorhandene Zugang zum Internet für alle Betriebsratsmitglieder freigeschaltet wird. Zur Begründung hat er ausgeführt, mit Hilfe des Internets und den damit zugänglichen Suchmaschinen wäre er in der Lage, zu einzelnen betrieblichen Problemen Informationen einzuholen.

Zur Begründung hat er zusätzlich ausgeführt, dass er den Internetzugang zur Erfüllung seiner zahlreichen, umfangreichen Betriebsratsaufgaben benötige. Konkret hat er neben dem Thema Ladenschluss folgende Themen und Nutzungen aufgelistet:

  • • Überprüfung der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen (www.bundesarbeitsgericht.de)
  • • Überwachung in Arbeitszeitfragen (www.arbeitsrecht.de)
  • • Überprüfung der Möglichkeiten zur Änderung der Arbeitszeit nach der Elternzeit (www.bmfsfj.de)
  • • Meinungsbildung zum Thema gesunde Luft und Einstellung einer Luftumwälzungsanlage (www.haufe.de/arbeitsschutz; www.umwelt-online.de/regelwerk/arbeitss; www.arbeit-und-gesundheit.de; www.bge.de)
  • • Recherche zum Thema Gefährdungsanalyse und Arbeitsschutz (www.inqa.de)
  • • Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit den Lichtverhältnissen (www.lichtkuppel.org)

Die Nutzung eines USB-Sticks als externes Speichermedium sei sowohl zu Datensicherungszwecken insbesondere der Betriebsratsprotokolle als auch zur Darstellung von Verhandlungsergebnissen oder bestimmten Darstellungen auf der Betriebsversammlung erforderlich. Zu letzterem könne man im Übrigen beim Arbeitgeber Laptop und Beamer jeweils für die Veranstaltung ausleihen.

Die Arbeitgeberin hat eingewandt, dass der Betriebsrat bei seiner Entscheidung über die Einrichtung eines Internet-Anschlusses nicht die konkreten betrieblichen Verhältnisse ausreichend berücksichtigt habe. Als Informationsquellen stünden Gesetze, Kommentare und Zeitschriften zur Verfügung. Auch über die Gewerkschaft und Rechtsanwälte könne er sich ausreichend informieren. Die Nutzung eines USB-Sticks sei generell untersagt, weil allen Arbeitnehmern untersagt sei, externe Speichermedien an die Datenverarbeitungsgeräte der Arbeitgeberin anzuschließen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der ersten Instanz wird auf die Gründe zu I. in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 10. Dezember 2008 der Arbeitgeberin aufgegeben, den in der Filiale...

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