Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenspruch zur bargeldlosen Entgeltauszahlung im Pflegedienst

 

Leitsatz (amtlich)

§ 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeArbbV regelt allein die Fälligkeit des Mindestentgelts nach § 2 PflegeArbVV. Zumindest hinsichtlich des Entgelts aufgrund Arbeits- und Tarifvertrags entfaltet § 3 Abs. 1 PflegeArbbV keine Sperrwirkung nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG (Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg 15.07.2011 - 6 TaBV 1027/11 -).

 

Leitsatz (redaktionell)

›§ 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeArbbV regelt allein die Fälligkeit des Mindestentgelts nach § 2 PflegeArbVV. Zumindest hinsichtlich des Entgelts aufgrund Arbeits- und Tarifvertrags entfaltet § 3 Abs. 1 PflegeArbbV keine Sperrwirkung nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG (Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg 15.07.2011 - 6 TaBV 1027/11 -).‹

 

Normenkette

BetrVG § 87; PflegeArbbV § 3; BetrVG § 76 Abs. 5 S. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2; PflegeArbbV §§ 2, 3 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 29.02.2012; Aktenzeichen 56 BV 17912/11)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 22.07.2014; Aktenzeichen 1 ABR 96/12)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Februar 2012 wird zurück gewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs. Die Beteiligte zu 1. (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist Trägerin einer Pflegeeinrichtung. Der Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Betriebsrat) ist der in dem Betrieb der Arbeitgeberin errichtete Betriebsrat.

Nach erfolglosen Verhandlungen der Beteiligten über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur bargeldlosen Entgeltauszahlung kam durch Spruch der Einigungsstelle vom 11. November 2011 eine Betriebsvereinbarung zustande.

Die Betriebsvereinbarung enthielt ua. folgende Bestimmung:

"§ 3 Auszahlungstermin für die Vergütung

Die Arbeitgeberin überweist den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen jeweils zum ersten des Folgemonats die aus festen Bestandteilen bestehende monatliche Vergütung auf ein vom Arbeitnehmer mitzuteilendes Konto bei einem Geldinstitut. Im Laufe eines Monats verdiente variable Vergütungsbestandteile insbesondere Zeitzuschläge werden jeweils am ersten des übernächsten Monats auf das Konto überwiesen."

Hinsichtlich der weiteren Bestimmungen der durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 82 d. A. verwiesen.

Mit ihrem am 24. November 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 29. Februar 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Hauptantrag sei bereits unzulässig, weil neben der Feststellung der Unwirksamkeit ein gesondertes Rechtsschutzbedürfnis auf Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsvereinbarung nicht zu erkennen sei. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf den in einem Parallelverfahren ergangenen und den Beteiligten bekannten Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2011 - 6 TaBV 1027/11 - die Wirksamkeit der durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Betriebsvereinbarung bejaht.

Gegen den ihr am 27. April 2012 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Arbeitgeberin mit am 23. Mai 2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit beim Landesarbeitsgericht am 26. Juni 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Arbeitgeberin vertritt die Auffassung, der Hauptantrag sei zulässig. Der Spruch der Einigungsstelle sei auch nichtig, zumindest aber unwirksam. § 3 Abs. 1 Pflegearbeitsbedinungenverordnung (im Folgenden: PflegeArbbV) enthalte zumindest hinsichtlich des Mindestentgeltanteils am tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt eine abschließende und beidseitig zwingende Regelung zur Fälligkeit und bilde deswegen eine gesetzliche Sperre gem. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG. Der Spruch der Einigungsstelle sei auch ermessensfehlerhaft. Angesichts der jedenfalls betreffend den Mindestentgeltanteil am Arbeitsentgelt beidseitig zwingenden Fälligkeitsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeArbbV stelle eine Fälligkeit vor dem 15. des Folgemonats keinen billigen Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat dar.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Februar 2012 - 56 BV 1792/11 - abzuändern und

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 11. November 2011 über eine Betriebsvereinbarung über den Zeitpunkt und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte nichtig ist,

hilfsweise für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben wird,

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 11. November 2011 über eine Betriebsvereinbarung über den Zeitpunkt und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte unwirksam ist.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf das ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge