Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit des Arbeitsentgelts. P.S.

 

Leitsatz (amtlich)

Der Spruch einer Einigungsstelle, wonach der Arbeitgeber die festen Vergütungsbestandteile jeweils zum 1. des Folgemonats und die variablen Vergütungsbestandteile jeweils zum 1. des übernächsten Monats auf ein Konto des Arbeitnehmers zu überweisen hat, ist wirksam, auch wenn in einem nachwirkenden Manteltarifvertrag bislang geregelt war, dass die Vergütung jeweils am 5. Werktag des Folgemonats fällig wird.

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 5 Sätze 3-4, § 87 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 16.03.2011; Aktenzeichen 7 BV 17982/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.03.2011 – 7 BV 17982/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Spruches einer Einigungsstelle vom 11. November 2010. Danach wurde der Auszahlungstermin für die Vergütung der Arbeitnehmer wie folgt geregelt:

„Die Arbeitgeberin überweist den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jeweils zum 1. des Folgemonats die aus festen Bestandteilen bestehende monatliche Vergütung auf ein von der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer mitzuteilendes Konto bei einem Geldinstitut. Im Laufe eines Monats entstandene variable Vergütungsbestandteile, insbesondere Zeitzuschläge, werden jeweils am 1. des übernächsten Monats auf dieses Konto überwiesen.”

Das Arbeitsgericht Berlin hat die auf Feststellung von Nichtigkeit oder Unwirksamkeit gerichteten Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, durch die Regelung in § 3 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche vom 15. Juli 2010 (PflegeArbbV), wonach das in § 2 geregelte Mindestentgelt zum 15. des Folgemonats fällig werde, schließe eine für die Arbeitnehmer günstigere Regelung nicht aus. Auch die Bestimmung des fünften Werktags des Folgemonats als Auszahlungszeitpunkt in § 13a des Manteltarifvertrags für den Betrieb der Arbeitgeberin vom 24. September 2004 stehe nicht entgegen, weil dieser Tarifvertrag gekündigt sei und seine Regelungen deshalb lediglich nachwirkten und durch eine andere Abmachung ersetzt werden könnten.

Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG umfasse auch die Fälligkeit der Vergütung innerhalb der gesetzlichen und tariflichen Grenzen einschließlich eines dazugehörigen Initiativrechts des Betriebsrats. Die grundgesetzlich garantierte unternehmerische Freiheit bestehe nur innerhalb der gesetzlichen Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte. Deren Umfang und Grenzen seien von einer Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Arbeitsbedingungen nicht abhängig. Durch die getroffene Regelung werde die sich aus § 614 Abs. 2 BGB ergebende Vorleistungspflicht der Arbeitnehmer nicht beseitigt.

Der Spruch der Einigungsstelle sei auch nicht etwa deshalb ermessensfehlerhaft, weil darin von der Fälligkeitsregelung im gekündigten Tarifvertrag abgewichen werde, da das Ermessen der Einigungsstelle nicht auf eine Übernahme einzelner aus dem tarifvertraglichen Kontext herausgelöster Regelungen beschränkt sei. Eine Ermessensüberschreitung liege auch nicht darin, dass nicht darauf abgestellt worden sei, wann die Arbeitgeberin selbst Zahlungen der Bewohner ihrer Einrichtung erhalte.

Gegen diesen ihr am 13. April 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11. Mai 2011 eingelegte und am 9. Juni 2011 begründete Beschwerde der Arbeitgeberin. Sie tritt der Begründung des angefochtenen Beschlusses in allen Punkten mit Rechtsausführungen entgegen und spricht dem Betriebsrat bereits ein Initiativrecht für eine Regelung der Auszahlung der Arbeitsentgelte ab. Mit den meisten Beschäftigten des Betriebs seien inzwischen neue Arbeitsverträge geschlossen worden, wonach die Vergütung jeweils am fünften Werktag des Folgemonats fällig werde. Damit sei § 614 BGB Satz 2 BGB abbedungen worden und verstoße der Spruch der Einigungsstelle gegen § 271 Abs. 2 BGB. Schließlich habe die Einigungsstelle ihr Ermessen überschritten, weil dieses aufgrund der Anerkennung der Vorfinanzierung im Pflegebereich durch die Gewerkschaft ver.di im Manteltarifvertrag auf Null reduziert gewesen sei.

Die Arbeitgeberin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 12. November 2010 zu einer Betriebsvereinbarung über Zeitpunkt und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte nichtig bzw. unwirksam sei.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung gegen die Angriffe der Arbeitgeberin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die tatbestandliche Darstellung im angefochtenen Beschluss und ihre in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

2.Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.

Der Spruch der Einigungsstelle vom 12. November 2010 ist wirksam.

2.1 Der Betriebsrat hat gem...

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