Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz nach Eigenkündigung. Entzug von Verkaufsgebieten. Angemessene Sozialabfindung als Schadensersatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Kündigt ein Arbeitnehmer (Verkäufer) wegen einer vertragswidrigen Kürzung des Verkaufsgebiets durch den Arbeitgeber, ist ein eventueller Schaden nicht unmittelbar durch die Mitteilung der Gebietskürzung und eine damit möglicherweise verbundene Persönlichkeitsverletzung entstanden, sondern erst durch die Eigenkündigung.

2. Grundsätzlich kommt auch für solche „indirekt” verursachte Schäden eine Schadensersatzpflichtigkeit in Betracht, allerdings nur dann, wenn die Handlung des Verletzten – hier die Eigenkündigung – durch das haftungsbegründende Ereignis – hier die mögliche Persönlichkeitsverletzung – herausgefordert worden ist und der entstandene Schaden somit der geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzung adäquat zugerechnet werden kann.

 

Normenkette

BGB § 628 Abs. 2, §§ 253, 823

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 15.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 725/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.04.2004; Aktenzeichen 8 AZR 269/03)

BAG (Aktenzeichen 8 AZR 739/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 15.07.1999 – AZ.: 3 Ca 725/98 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den infolge der der Beklagten am 08. März 1996 zugegangenen fristlosen Kündigung des Klägers bis zum 30. April 1996 entstandenen Verdienstausfall zu erstatten und für den Verlust des Arbeitsplatzes eine angemessene Abfindung entsprechend §§ 9, 10 KSchG zu zahlen.

2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatz wegen behaupteten Auflösungsverschuldens, Verletzung der Vertragspflichten und unerlaubter Handlung der Beklagten.

Der 1956 geborene Kläger war bei der Beklagten ab 1991 zunächst als Omnibusjuniorverkäufer und ab 1992 als Beauftragter für den Omnibusverkauf in der Verkaufsniederlassung M. tätig. In dem Dienstvertrag vom 21. April 1992 heißt es u.a.:

1. Aufgabe

1.1. Wir beschäftigen Sie im Angestelltenverhältnis als Beauftragten für den Verkauf von

  • fabrikneuen Omnibussen unseres jeweiligen Programms (einschl. Vorführbusse im Bestand BVK-BS),
  • fabrikneuen Omnibusfahrgestellen für Aufbauten aller Art, die in Karosserieform und Einsatzzweck einem Omnibus entsprechen oder Sonderomnibus-Aufbauten sind,
  • fabrikneuen Komplettbussen auf M.-Fahrgestellen mit Fremdaufbauten anderer Karosseriefirmen, wenn M. den kompletten Omnibus anbietet und verkauft,
  • fabrikneuen Motoren und Aggregaten für Omnibusse und Omnibusfahrzeuge mit Sonderaufbauten,

in unserer Verkaufsniederlassung M.

2. Rechte und Pflichten

2.1. Sie unterstehen dem Leiter der Verkaufsniederlassung und haben in dem Ihnen zugewiesenen Gebiet der Verkaufsniederlassung zu arbeiten. Die VN-Leitung kann Ihr Gebiet jederzeit ändern oder Ihnen ein anderes Gebiet zuweisen oder Geschäftsfälle Ihres Gebietes von der Bearbeitung durch Sie ausnehmen oder Sie mit der Bearbeitung von Geschäftsfällen eines anderen Gebietes beauftragen. Irgendein Gebiets- oder Kundenschutz wird nicht gewährt.

3. Bezüge

3.1. Sie erhalten

  • Fixum,
  • Provision,
  • Auto- und Spesenzuschuß sowie
  • Provisionsausgleich

9. Dauer des Vertrages

Dieser Vertrag tritt am 01.04.1992 in Kraft. Er ist nach den gesetzlichen Bestimmungen kündbar.

Als Eintrittstag bei M. gilt: 01.06.1991.

Das Dienstverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem Sie das 65. Lebensjahr vollendet haben, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Mit Schreiben vom 22.05.1992 wurde dem Kläger mit Wirkung vom 01.07.1992 zusätzlich die Betreuung der Kunden im Gebiet der Verkaufsniederlassungen K. und F. übertragen. Ende 1993 wurde dem Kläger die Betreuung der privaten Omnibusunternehmer in den Verkaufsgebieten F. und K. wieder entzogen. Obwohl der Kläger mit der Gebietskürzung nicht einverstanden war und dies der Beklagten auch mehrfach mitgeteilt hatte, wehrte er sich hiergegen nicht mit rechtlichen Mitteln.

Der Kläger erzielte 1994 und 1995 jeweils ein Jahreseinkommen von ca. 130.000,00 DM. Mit Schreiben vom 25.08.1995 mahnte er die Abrechnung von provisionsausgleichspflichtigen Tagen an. Im November 1995 erbat er telefonisch bei der Beklagten die Zahlung, welche erneut abgelehnt wurde. Mit Schreiben vom 15.02.1996 forderte der Kläger die Beklagte nochmals vergeblich auf, u.a. die Ausgleichsprovision für die Zeiträume 20. und 21.04.1994, 29. bis 31.08.1994 und 7. bis 10.09.1994 in Höhe von insgesamt 3.869,19 DM spätestens mit der Februarabrechnung zu zahlen. In diesem Schreiben heißt es u.a.:

„Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ein Arbeitsverhältnis, in dem die vertragliche Vergütung teilweise nicht bezahlt wird, für mich nicht akzeptabel ist.”

Am 23.02.1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er ab dem 1.03.1996 im Bereich K./F. ...

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