Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässiger Widerantrag der Arbeitgeberin auf negative Feststellung einer Kostenübernahmepflicht für die Beauftragung eines Rechtsanwalts als Sachverständigen. Offensichtlich aussichtslose Rechtsverfolgung des Betriebsrats im Streit um Mitbestimmungsrechte in einer bestimmten Angelegenheit unter Hinzuziehung eines anwaltlichen Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

Leitet der Betriebsrat ein Beschlussverfahren ein, hinsichtlich dessen der Arbeitgeber der Auffassung ist, es sei von vornherein offensichtlich aussichtlos, ist ein Widerantrag des Arbeitgebers festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, den Betriebsrats von den Rechtsanwaltsgebühren dieses Beschlussverfahren freizustellen, grundsätzlich zulässig, wenn der Betriebsrat sich eines solchen Freistellungsanspruchs berühmt. Eine derartige Feststellung läuft nicht "auf eine im Beschlussverfahren unzulässige Kostenentscheidung hinaus" (aA LAG Schleswig-Holstein 12. Januar 2010 - 5 TaBV 32/09).

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 80 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, § 322 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 24.09.2015; Aktenzeichen 23 BV 39/15)

 

Tenor

  1. Der Beteiligte zu 1. wird der Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24. September 2015 - 23 BV 39/15 - für verlustig erklärt, soweit sich diese gegen die Zurückweisung des Antrags des Beteiligten zu 1. richtete. Insoweit wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.
  2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24. September 2015 - 23 BV 39/15 - zurückgewiesen.
  3. Für den Beteiligten zu 1. wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, soweit gemäß Ziff. 2 dieses Beschlusses seine Beschwerde zurückgewiesen wurde.
 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten - nach teilweiser Beschwerderücknahme durch den Beteiligten zu 1. - zuletzt noch darüber, ob auf den Widerantrag der Beteiligten zu 2. hin festzustellen ist, dass diese nicht verpflichtet ist, den Beteiligten zu 1. von den Rechtsanwaltsgebühren für das vorliegende Verfahren freizustellen.

Die Beteiligte zu 2. betreibt den öffentlichen Nahverkehr in S. und beschäftigt etwa 2.600 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 1. ist der in ihrem Betrieb gebildete 21-köpfige Betriebsrat.

Der Beteiligte zu 1. verweigerte in der Vergangenheit die Zustimmung zu einer Vielzahl von seiner Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegenden Dienstplänen der Beteiligten zu 2., worauf jeweils die Einigungsstelle angerufen wurde.

Der Beteiligte zu 1. beschloss jeweils seinen Rechtsanwalt, den Verfahrensbevollmächtigten des vorliegenden Verfahrens, als sachverständigen Berater des Betriebsrats zu den Einigungsstellenverfahren zu einem Stundenhonorar in Höhe von 300,00 EUR zzgl. MwSt. hinzuzuziehen.

Die Beteiligte zu 2. lehnte die Sachverständigenhinzuziehung jeweils ab, worauf der Beteiligte zu 1. beschloss, jeweils Beschlussverfahren mit dem Begehren einzuleiten, die fehlende Zustimmung der Beteiligten zu 2. gerichtlich ersetzen zu lassen. Dies betrifft - soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse - die beim Arbeitsgericht Stuttgart anhängig gewesenen Beschlussverfahren 23 BV 39/15, 23 BV 60/15 und 23 BV 98/15. Die beiden letztgenannten Verfahren wurden erstinstanzlich mit dem führenden Verfahren 23 BV 39/15, dem vorliegenden Verfahren, durch Beschlüsse vom 17. April 2015 und vom 12. Mai 2015 verbunden. Auf welche Einigungsstellen zu welchen konkreten Dienstplänen sich der Antrag im vorliegenden Verfahren (einschließlich der verbundenen Verfahren) zuletzt bezog, ergibt sich aus Ziff. I. der Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses (dort S. 4 f.). Hierauf wird Bezug genommen.

Laut der Email vom 16. April 2015 (Anlage des Beteiligten zu 1., Bl. 63 der Beschwerdeakte) beschloss der Beteiligte zu 1. am 15. April 2015 vier Betriebsratsmitglieder (Herrn A., Herrn F., Herrn H. und Herrn P.) als Einigungsstellenmitglieder einzusetzen, wobei Herr P. nur eingesetzt sein sollte, wenn der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1. als Sachverständiger zugelassen wird, andernfalls sollte dieser vierter Beisitzer der Einigungsstelle sein.

Am 24. Juni 2015 tagte die Einigungsstelle mit der verfahrensgegenständlichen Regelungsthematik erstmals. Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1. nahm daran, wie vom Betriebsrat zwischenzeitlich beschlossen, als Beisitzer teil.

Der Beteiligte zu 1. hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen einer Hinzuziehung seines Verfahrensbevollmächtigten als Sachverständigen zur Einigungsstelle seien gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG jeweils gegeben.

Die Beteiligte zu 2. ist dem vor dem Arbeitsgericht entgegengetreten und hat im Wege des Widerantrages geltend gemacht, sie sei nicht verpflichtet, den Beteiligten zu 1. von den Rechtsanwaltsgebühren in diesem Verfahren freizustellen. Dieser negative Feststellungsantrag sei auch in einem Beschlussverfahren zulässig. Es gehe vorliegend nicht um eine im Beschlussverfahren ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge