Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeit einer Betriebsratswahl. Betriebsratswahl. Abbruch einer Betriebsratswahl. einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Wahl des Wahlvorstands nach § 17 BetrVG erfordert die Beschlussfähigkeit der Wahlversammlung nicht die Teilnahme einer Mindestzahl von Arbeitnehmern. Gerade auch eine Minderheit von Mitarbeitern eines Betriebs kann die Bestellung eines Wahlvorstands durchsetzen und damit die Wahl eines Betriebsrats einleiten. Sichergestellt sein muss jedoch, dass alle Arbeitnehmer zumindest die Möglichkeit haben, an dieser Wahl teilzunehmen.

2. Die Einladung zur Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands muss rechtzeitig bekannt gemacht werden. Eine Frist von drei Tagen zwischen Aushang der Einladung und Durchführung der Betriebsversammlung kann als ausreichend anzusehen sein.

3. Auch bei Einhaltung einer Frist von drei Tagen kann dies dann nicht ausreichend sein, wenn der Aushang am 30. Dezember erfolgt für eine Wahlversammlung am 2. Januar und eine nicht unmaßgebliche Anzahl von Arbeitnehmern, sei es schichtplanmäßig, sei es aufgrund Urlaub oder Krankheit in den drei Tagen nicht im Betrieb anwesend waren und deshalb nicht angenommen werden kann, dass alle Arbeitnehmer auch die Möglichkeit hatten, von dem am schwarzen Brett ausgehängten Einladungsschreiben zur Wahlversammlung Kenntnis zu nehmen.

 

Normenkette

BetrVG § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3; WahlO § 28 Abs. 1; ZPO §§ 935, 940; ArbGG § 85

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 13.01.2009; Aktenzeichen 28 BVGa 2/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Wahlvorstandes gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2009 – 28 BVGa 2/09 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Beschlussverfahrens über den Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Abbruch einer eingeleiteten Betriebsratswahl.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt Baumärkte und unterhält unter anderem eine Betriebsstätte in S.-U., die im Sommer 2008 eröffnet wurde. Zum Jahreswechsel 2008/2009 beschäftigte die Arbeitgeberin in dieser Filiale etwa 94 Arbeitnehmer, von denen lediglich acht Arbeitnehmer unbefristete angestellt sind. Eine Vielzahl von Arbeitnehmer – so auch die Mitglieder des Wahlvorstands – stehen in bis ins Jahr 2009 befristeten Arbeitsverhältnissen.

Im Laufe des Monats Dezember 2008 wandten sich mehrere Arbeitnehmer wegen ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigungen ihrer Arbeitsverhältnisse an die Gewerkschaft ver.di und suchten dort um Rechtsschutz diesbezüglich nach. Noch vor Weihnachten 2008 entschloss sich die Gewerkschaft bzw. deren Repräsentanten von ihrem Recht als im Betrieb vertretene Gewerkschaft Gebrauch zu machen und zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes einzuladen.

Am Samstag, den 27. Dezember 2008 gegen 19.55 Uhr übermittelte eine Vertreterin der Gewerkschaft der Arbeitgeberin ein Schreiben, das die Arbeitgeberin am schwarzen Brett aushängen sollte. Das Schreiben enthält die Einladung der Gewerkschaft ver.di zu einer Betriebsversammlung zur Bestellung eines Wahlvorstands, der die Einleitung der Betriebsratswahl zu veranlassen hat. Als Zeitpunkt für die Betriebsversammlung war in der Einladung Freitag, der 2. Januar 2009 um 20.00 Uhr in der Betriebsstätte U. vorgesehen. Am Montag, den 29. Dezember 2008 forderte die Arbeitgeberin von der Gewerkschaft ver.di einen Nachweis, dass sie in der Betriebsstätte in S.-U. vertreten ist. Eine dahingehende eidesstattliche Versicherung der stellvertretenden Geschäftsführerin der Gewerkschaft ver.di Bezirk Stuttgart S. wurde der Arbeitgeberin noch am 29. Dezember um 21.17 Uhr per Telefax zugeleitet und von dieser am 30. Dezember 2008 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts als ungenügend zurückgewiesen. Auf die sodann im Laufe des Vormittag des 30. Dezember 2008 erfolgte namentliche Nennung eines in der Filiale U. beschäftigten Gewerkschaftsmitglieds wurde das Einladungsschreiben gegen 11.00 Uhr am Dienstag, den 30. Dezember 2008 an das schwarze Brett der Betriebsstätte U. angebracht.

Ausweislich der vorgelegten Anwesenheitsliste der Betriebsversammlung am 2. Januar 2009 nahmen 14 der 94 Beschäftigten der Betriebsstätte U. an der Betriebsversammlung teil und wählten den Wahlvorstand bestehend aus den Mitgliedern des Wahlvorstands T. S., R. G., M. V..

Mit der am Montag, den 5. Januar 2009 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingereichten Antragsschrift hat die Arbeitgeberin geltend gemacht, die Wahl des Wahlvorstands am 2. Januar 2009 sei nichtig. Sie hat die Auffassung vertreten, der Aushang der Einladung sei nicht rechtzeitig erfolgt. Nicht alle Arbeitnehmer der Betriebsstätte U. hätten Kenntnis von der Einladung und damit der Betriebsversammlung erlangen können, sondern nur ein Bruchteil. Bei ihr werde in einem Schichtsystem gearbeitet, nicht allerdings in der zweiten Tageshälfte des 31. Dezember 2008. Hinzu käme, dass die Betriebsversammlung am 2. Januar 2009, einem so genannten Brückentag, statt...

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