Rz. 56

Schließlich ist Voraussetzung für die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, dass die Rechte des Vermieters durch die Fortsetzung des abgemahnten Verhaltens des Mieters erheblich verletzt oder gefährdet werden. Die Erheblichkeit ist regelmäßig zu bejahen, wenn eine unbefugte Gebrauchsüberlassung vorliegt. Dauert diese nur kurz, kann eine Erheblichkeit zu verneinen sein. Eine bewusste Missachtung des Vermieterwillens oder ein bewusstes Verschleiern der Gebrauchsüberlassung spricht für die Erheblichkeit der Vertragsverletzung (OLG Hamm, WuM 1997, 364).

 

Rz. 57

Bei Fortsetzung der unerlaubten Gebrauchsüberlassung trotz vorangegangener Abmahnung braucht eine erhebliche Rechtsverletzung im Einzelfall nicht mehr festgestellt zu werden, weil allein die Fortsetzung der Gebrauchsüberlassung die Erheblichkeit der Rechtsverletzung indiziert (BGH, Urteil v. 28.11.1984, VIII ZR 186/83, NJW 1985, 2527; Urteil v. 24.3.1999, XII ZR 124/97, WuM 1999, 397; Urteil v. 18.11.1999, III ZR 168/98, NZM 2000, 241; OLG Hamburg, Urteil v. 17.12.1981, 4 U 130/81, NJW 1982, 1157; OLG Frankfurt/Main, RE v. 10.10.1988, ZMR 1988, 461; a. A. Lammel, § 543 Rn. 86).

 

Rz. 58

Bei Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt muss eine erhebliche Gefährdung der Mietsache eingetreten sein. Auch insoweit kommt es auf die Auswirkungen des vertragswidrigen Verhaltens an. Allerdings brauchen die Auswirkungen nicht bereits zu einem Schaden an der Mietsache geführt zu haben; vielmehr reicht ein unmittelbar bevorstehender Schaden aus. Das wäre z. B. beim Weiterbetreiben eines erkanntermaßen störungsanfälligen Haushaltsgeräts trotz bereits zuvor eingetretener erheblicher Schäden (AG Achern, Urteil v. 17.1.1974, C 203/73, DWW 1974, 237) oder bei unterlassenem Heizen trotz vorangegangener Aufforderung bei bevorstehendem starkem Frost der Fall. Ferner ist die fristlose Kündigung für begründet gehalten worden bei der Verursachung von mehrfachen Wasserschäden in der darunter liegenden Wohnung (LG Berlin, Urteil v. 26.11.1987, 62 S 103/87, GE 1988, 145; AG Görlitz, Urteil v. 28.3.1994, 4 C 0676/93, WuM 1994, 668), wenn aufgrund des Verhaltens des Mieters die Gefahr eines Wohnungsbrandes besteht (z. B. wenn der Mieter bewusst Gas ausströmen lässt, um eine Explosion herbeizuführen – AG Helmstedt, Urteil v. 14.1.1988, 3 C 908/87, ZMR 1988, 148 – oder wiederholt Essen anbrennen lässt – LG Duisburg, Urteil v. 18.6.1991, 7 S 629/90, DWW 1991, 342), wenn der Mieter während der Frostperiode die Wohnung verlässt, ohne die Fenster zu schließen (AG Düren, Urteil v. 23.9.1976, 3 C 287/76, WuM 1985, 263), sich in das Krankenhaus begibt, ohne die Wasserleitungen vor Frost zu schützen (LG Görlitz, Urteil v. 25.3.1994, 2 S 79/73, WuM 1994, 669). Ferner ist eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt gehalten worden, wenn der Mieter auf dem Balkon im dritten Stock zahlreiche Topfpflanzen – zum Teil auf gesonderten Blumenregalen – trotz einer Abmahnung ungesichert aufstellt, so dass ein Blumentopf herabstürzt, und auch eine erneute Abmahnung fruchtlos geblieben ist (LG Berlin, Urteil v. 26.11.2009, 67 S 278/09, GE 2010, 203) oder der Mieter trotz Abmahnung über einen längeren Zeitraum den Druckknopf der Was­serleitung blockiert, so dass ständig Wasser läuft (AG Berlin-Wedding, Urteil v. 19.10.2009, 15b C 80/09, GE 2009, 1557). Dagegen sind allein die Verankerung einer Markise und die Abmauerung eines Kellerraumes der gemieteten Gaststätte nicht ausreichend (OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 21.11.2008, 2 U 94/08, zitiert nach Juris).

§ 543 Abs. 1 Satz 2 schreibt – im Gegensatz zu den in § 543 Abs. 2 geregelten Kündigungsgründen, die eine Berücksichtigung von persönlichen Umständen und Zumutbarkeitserwägungen grundsätzlich nicht zulassen (vgl. dazu BGH, Urteil v. 4.2.2015, VIII ZR 175/14, GE 2015, 313), zudem ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bei der Beurteilung der Frage der Unzumutbarkeit einer weiteren Vertragsfortsetzung vor (LG München I, Urteil v. 31.5.2017, 14 S 16950/15, ZMR 2017, 812); in diesem Rahmen ist auch ein vertragswidriges Verhalten des Vermieters zu berücksichtigen (KG, Urteil v. 4.12.2017, 8 U 236/16, NZM 2018, 607).

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