Leitsatz (amtlich)

1. Aus dem Gebot enger Auslegung folgt, dass sich eine Risikoübernahme des Mieters nicht auf Risiken erstreckt, welche den Räumen bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anhaften und die er nicht erkannt hat.

2. Für eine fristlose Kündigung wegen Pflichtverletzung des Mieters ist im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB ein eigenes vertragswidriges Verhalten des Vermieters zu berücksichtigen.

3. Vereinbarungen, die nicht über ein Jahr hinaus relevant sind, unterliegen nicht der Form des § 550 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen 25 O 140/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 30. November 2016 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin - 25 O 140/16 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 30. November 2016 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

1. Der Klage fehle es an dem Rechtsschutzbedürfnis, weil der Räumungstitel gegen den Beklagten als Betreiber eine Räumungsvollstreckung gegen die Untermieter nicht ermögliche. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Immobilie zum alleinigen Mietzweck der Untervermietung zur Nutzung als Proberäume angemietet. Die einzelnen Proberäume befänden sich nicht im Besitz des Beklagten.

2. Das Landgericht habe zu Unrecht einen Kündigungsgrund bejaht. Es erschließe sich nicht, unter welchen zivilrechtlichen Aspekten der Klägerin ein Kündigungsgrund zustehen könnte. Allein der Behörde hätte das Recht zugestanden, eine Nutzungsuntersagung zu verfügen. Da eine Nutzung nach öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten erlaubt gewesen sei, könne unter zivilrechtlichen Aspekten eine Vertragsverletzung aus wichtigem Grund nicht vorliegen.

Die Regelungen des Mietvertrages hätten zudem allein die Freizeichnung des Vermieters von den Kosten der erforderlichen Genehmigungen und die rechtliche Trennung der Verantwortlichkeiten beinhaltet, um einen Rückgriff auf den Vermieter zu verhindern.

Der Beklagte habe zudem ständig in Kontakt mit der Baubehörde gestanden und deren Vorgaben zeitnah erfüllt, so dass eine Nutzungsuntersagung durch die Baubehörde nie im Raum gestanden habe. Aus der Chronologie des Ablaufs ergebe sich, dass der Beklagte über zwei Jahre lang Arbeiten zur Erbringung des Brandschutznachweises vorangetrieben habe entsprechend der vom Prüfingenieur geforderten Anpassungen. Die Verzögerungen hätten sich aus den Umständen ergeben, nämlich der Bausubstanz, der daraus resultierenden Umplanung und der notwendigen Neubeauftragung. Die in der Klageschrift angegebenen fehlenden Arbeiten zur Rauchtrennung seien vom 12.01. bis 18. März 2016 ausgeführt worden und die fehlenden Rauchschutzschienen seien im Zeitraum von Mai bis 26. Juni 2016 ausgeführt worden.

Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, dass die Brandmeldeanlage nicht funktioniert habe, treffe dies nicht zu. Nach dem ursprünglichen Brandschutzkonzept hätte lediglich eine Alarmierungsanlage installiert werden sollen, d.h. Rauchmelder hätten nicht eingebaut werden müssen, sondern die in den Wänden eingelassenen Handtaster hätten für eine Alarmauslösung gereicht. Das Auslösen über die Brandmelder hätte sich erst durch die nachträglich festgestellte Brandlast der Leitungen in den Zwischendecken ergeben. Dies ergebe sich aus dem Brandschutznachweis/Brandschutzkonzept vom 10.07.2013 (Anlage B 2). Nach Austausch der Brandmeldeanlage (vor der Kündigung) hätte diese über die Handtaster funktioniert. Hinzu komme, dass schon vor der Kündigung bereits vorhandene Brandmelder aus den Treppenräumen funktioniert hätten und es in den Proberäumen optische und akustische Signalgeber gegeben habe.

3. Das Landgericht habe den Mietvertrag unzutreffend ausgelegt.

Aus der Regelung in § 11 Abs. 2 des Mietvertrages ergebe sich, dass der Mieter keine Kosten zu tragen habe, soweit dies anfängliche Mängel betreffe. Die Leitungen in den Zwischendecken rührten von den Vornutzern her und beinhalteten einen anfänglichen Mangel.

4. Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, dass eine Kostenverteilung mit der Vorvermieterin verbindlich vereinbart worden sei, sei dies kein unstreitiger Sachverhalt. Im Schriftsatz vom 28.11.2016 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht sei vorgetragen worden, dass die Regelungen zur Kostentragung im Hinblick auf die Brandschutzmaßnahmen nicht abgeschlossen worden seien, sondern lediglich eine Tabelle vorhanden gewesen se...

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