Rz. 11

Nach § 536 Abs. 2 besteht das Minderungsrecht auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Es wird auf § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bezug genommen, so dass die Gewährleistung auch bei einer unerheblichen Minderung der Tauglichkeit in Betracht kommt. Letztere Regelung ist eine Änderung der bisherigen Rechtslage; § 537 Abs. 2 a. F. hatte nur auf § 537 Abs. 1 Satz 1 a. F. verwiesen, so dass die Gewährleistung auch bei einer unerheblichen Minderung der Tauglichkeit in Betracht kam. Der Begriff der Zusicherung ist derselbe wie zu § 434 (Sachmängelhaftung beim Kauf). Zugesichert ist daher eine Eigenschaft, wenn der Vermieter durch eine vertraglich bindende Erklärung dem Mieter zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will. Dabei ist die Abgrenzung zur unverbindlichen Beschreibung oder Angabe des Verwendungszwecks der vermieteten Sache vorzunehmen. Welche Schwierigkeiten dies in der Praxis bereiten kann, zeigt z. B. der dem Urteil des BGH v. 26.5.2004 (XII ZR 149/02, JurisPR-MietR 5/2004, Anm. 3, Bieber = GE 2004, 1021 = ZMR 2004, 664) zugrunde liegende Sachverhalt. Dort war entsprechend anglo-amerikanischen Gepflogenheiten dem Mietvertrag, der die Vermietung von Geschäftsräumen in einem Einkaufszentrum betraf, eine "Präambel" vorangestellt worden, in der der Vermietungszustand bei Abschluss des Vertrages dargestellt war. Der BGH hielt dies für eine – unverbindliche – Beschreibung des Vermietungszustandes, die Gewährleistungsrechte nicht auslösen könne. Diese Betrachtungsweise erscheint den Interessen des potenziellen Mieters von Räumlichkeiten in sog. Einkaufszentren in keiner Weise gerecht zu werden: Gerade die Vielfalt des dortigen Angebots veranlasst zur Anmietung, so dass jedenfalls bei Aufnahme des Vermietungszustandes unter Angabe der einzelnen Gewerbemieter durchaus von der Beschreibung des "vertragsgemäßen" Gebrauchs i. S. d. § 536 ausgegangen werden kann.

Unter Eigenschaft versteht man die Beschaffenheit der Mietsache selbst und jedes tatsächliche oder rechtliche Verhältnis, das für den Gebrauch der Mietsache von Bedeutung ist, was bei der Wohnraummiete weniger relevant, bei der Gewerbemiete aber von großer Wichtigkeit sein kann, z. B. Tragfähigkeit von Zwischendecken eines Lagerhauses (BGH, Urteil v. 15.6.1964, VIII ZR 255/62, MDR 1964, 915), Umsatz bei einer Gastwirtschaft, Zusicherung der Brauereifreiheit; Möglichkeit der Bebauung eines Grundstücks.

Der vertraglich geschuldete Zustand der Mietsache bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil v. 23.9.2009, VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133). Das führt z. B. nicht dazu, dass in der durch – die straßenbaubedingten Umleitung des Verkehrs verursachten – erhöhten Lärmbelastung kein Mangel zu sehen ist, der den Mieter in dem entsprechenden Zeitraum zur Mietminderung berechtigt (BGH, Urteil v. 19.12.2012, VIII ZR 152/12, GE 2013, 261).

 

Rz. 12

Wesentliche Probleme treten sowohl bei der Wohnraum- als auch der Geschäftsraummiete bei der Größenangabe der Nutz- oder Wohnfläche auf. § 537 Abs. 2 Satz 2 a. F., wonach bei Vermietung eines Grundstücks die Zusicherung einer bestimmten Größe oder die Zusicherung einer Eigenschaft gleichsteht, ist zwar entfallen. Eine inhaltliche Änderung sollte damit nicht verbunden sein (so amtliche Begründung). Richtig ist, dass diese Vorschrift ohnehin nur klarstellenden Charakter hatte, denn die Zusicherung einer Grundstücksgröße war immer schon ein Beispiel für eine Eigenschaftszusicherung. Eine Flächenangabe in einem Geschäftsraummietvertrag, in dem es nach dem Vertragszweck entscheidend auf die Größe des Objekts ankommt (Verkaufsfläche, Lagerfläche und dgl.), kann im Zweifel als Zusicherung einer Eigenschaft gesehen werden. Nach der – bis zu der Entscheidung des BGH v. 24.3.2004 (VIII ZR 295/03, GE 2004, 682 = NJW 2004, 1947) vertretenen überwiegenden Ansicht stellte die Angabe der Wohnungsgröße im Mietvertrag keine zugesicherte Eigenschaft dar, so dass bei geringerer Wohnfläche gegenüber der Angabe im Mietvertrag kein Mangel angenommen werden konnte (vgl. die Nachweise in der Vorauflage). Nunmehr ist jedoch schon aus praktischen Erwägungen auf der Grundlage der vom BGH vertretenen Auffassung davon auszugehen, dass die Angabe einer bestimmten Fläche im Mietvertrag (und zwar auch dann, wenn es sich um eine "ca." Fläche handelt: BGH, Urteil v. 24.3.2004, VIII ZR 133/03, GE 2004, 583 = NZM 2004, 456) nicht nur eine unverbindliche Objektbeschreibung bedeutet sondern stets als insoweit vertraglich festgelegte Sollbeschaffenheit der Mieträume aufzufassen ist, die dann

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