Rz. 8

Auch wenn nach dem Wortlaut des § 536 die Minderung "automatisch" eintritt, wenn ein erheblicher Fehler vorliegt, muss der Mieter nach allgemeiner Meinung grundsätzlich das Vorliegen von Mängeln darlegen und im Streitfall auch beweisen, wenn er sich auf Minderung beruft (OLG Celle, Urteil v. 19.7.1984, 2 UH 1/84, ZMR 1985, 10 [12 f.]; LG Berlin, Urteil v. 13.7.1995, 62 S 133/95, GE 1995, 1211; LG Kiel, Urteil v. 16.11.1981, 1 S 178/81, WuM 1982, 187). Die Höhe der Minderungsquote muss der Mieter nicht darlegen (BGH, Urteil v. 6.11.1996, XII ZR 60/95, ZMR 1997, 280 = NJW-RR 1997, 203 = GE 1997, 1096 = WuM 1997, 488). Die Anforderungen an die Darlegung im Einzelnen (Substanziierungspflicht) können nicht generalisierend dargestellt werden, weil dies vom Einzelfall abhängt, wobei bei den Instanzgerichten im Rahmen der freien richterlichen Überzeugung unterschiedliche Beurteilungen möglich sind. Dies gilt vor allem bei der Darlegung von Beeinträchtigungen durch Lärm, Gerüche und dgl. Jedenfalls muss jedoch im Streitfall dem Gericht ein derartig substanziierter Vortrag gebracht werden, dass das Gericht in der Lage ist, den Sachverhalt nachzuvollziehen. So genügt z. B. ein Vortrag, "fast rund um die Uhr seien Geräusche, Unterhaltungen, Lärm aus der Nachbarwohnung zu hören", nicht. Werden in diesem Zusammenhang Zeugen benannt, sind diese nicht zu vernehmen, weil dies zu einem unzulässigen sog. Ausforschungsbeweis führen würde (vgl. LG Berlin, Urteil v. 13.7.1995, 62 S 133/95, GE 1995, 1211). Dem Mieter ist daher zu empfehlen, eine Art "Lärmprotokoll" zu führen, das ggf. durch Zeugenbeweis zu belegen ist. Andererseits dürfen an ein derartiges Protokoll keine überspitzten Anforderungen gestellt werden (z. B. keine minutiöse Darlegung von Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen über einen Zeitraum von einem Jahr: LG Berlin, MM 1994, 396; vgl. auch KG, Urteil v. 8.1.2001, 8 U 5875/98, GE 2001, 620).

Der BGH hat die Instanzrechtsprechung zu überspitzten Anforderungen an die Darlegung von Mängeln durch den Mieter moniert. Der Mieter genüge seiner Darlegungslast bei Geltendmachung eines Mangels schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtige; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) brauche hingegen nicht vorzutragen. Von dem Mieter sei auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelsymptome hinaus deren Ursache bezeichne (BGH, Urteil v. 25.10.2011, VIII ZR 125/11, GE 2012, 60 = NJW 2012, 382). Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genüge eine Beschreibung, aus der sich ergebe, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o. Ä.) es gehe, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz dieser ungefähr auftreten; der Vorlage eines "Protokolls" bedürfe es nicht (BGH, Urteil v. 29.2.2012, VIII ZR 155/11, GE 2012, 681 = NJW 2012, 1647).

Nach allgemeinen prozessualen Regeln zur Substanziierungspflicht hängt diese auch vom entsprechenden Bestreiten der Gegenseite, hier des Vermieters, ab. Dieser darf Behauptungen, die nicht seiner eigenen Wahrnehmung unterliegen, mit Nichtwissen bestreiten (§ 138 Abs. 4 ZPO). Sind allerdings Mängel am Gebäude und seinen Teilen außerhalb der Wohnung streitig, kann sich der Vermieter ein Bild von den behaupteten Umständen machen, so dass ihn dann die Pflicht trifft, den behaupteten Mangel seinerseits substanziiert zu bestreiten, sofern er der Meinung ist, ein Mangel liege tatsächlich nicht vor. Er muss auch den Ausnahmetatbestand darlegen und ggf. beweisen, dass nur eine unerhebliche Minderung in Betracht kommt oder der Mieter den Mangel zu vertreten hat.

 

Rz. 9

Bei Mängeln, die ihre Ursache in Baumängeln haben können, ist die Darlegungslast differenziert zu sehen und richtet sich insbesondere bei den Feuchtigkeitsschäden nach den entsprechenden Verantwortungsbereichen. Das bedeutet im Einzelnen:

Sind Feuchtigkeitsschäden vorhanden (Schimmelbildung, Stockflecken, Wasserränder, feuchte Tapeten oder Wände), muss der Vermieter nach heute herrschender Meinung (OLG Karlsruhe, RE v. 9.8.1984, 3 RE-Miet 6/84, NJW 1985, 142 [143] = GE 1984, 971 [972]; BGH, Urteil v. 18.5.1994, XII ZR 188/92, NJW 1994, 2019; LG Berlin, GE 1995, 761) darlegen und ggf. beweisen, dass die Schadensursache nicht in seinem Einfluss- und Verantwortungsbereich liegt, somit Baumängel auszuschließen sind (z. B. Fassadenputzschäden, mangelnde Isolierung, Schäden am Dach, Kälte-Wärme-Brücken). Erst wenn dies feststeht, muss der Mieter den Beweis führen, dass die Feuchtigkeitsschäden nicht seinem Wirkungsbereich unterliegen (vgl. OLG Karlsruhe, RE v. 9.8.1984, 3 RE-Miet 6/84, NJW 1985, 142 [143] = GE 1984, 971 [972]; LG Berlin, Beschluss v. 19.5.1987, 64 S 392/86, GE 1988, 35), nicht auf einem fehlerhaften Lüftungs- und Wohnverhalten (z. B. Wäschetrocknen, übermäßige Pflanzenhaltung) ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge