Rz. 79

Das Recht des Mieters, andere Personen in die gemieteten Räume aufzunehmen, stellt sich nur bei der Wohnraummiete. Bei der Geschäftsraummiete geht es jeweils um die Frage der Untermiete nach § 540, wenn weitere Personen die gemieteten Räume mitnutzen oder einen Teil allein nutzen sollen. Treten weitere Personen in die Firma des Mieters ein, geht es nicht um die Aufnahme in die Räume, sondern um die Frage, ob sich die Mieteridentität ändert. Treten z. B. bei einer GmbH weitere Gesellschafter hinzu, tritt keine Änderung in der Stellung als Mietvertragspartei ein. Gleiches gilt für den Fall, dass eine (Außen-)GbR Mieterin ist (KG, Urteil v. 26.2.2001, 8 RE-Miet 1/01, GE 2001, 551; unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 29.1.2001, II ZR 331/00, GE 2001, 276). Zur Problematik bei der Unternehmensveräußerung oder beim Rechtsformwechsel vgl. § 540 Rn. 9. Bei der Wohnraummiete ist zwischen dem Besuch des Mieters, der Aufnahme von Familienangehörigen und der Untermiete zu unterscheiden.

 

Rz. 80

Zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehört es, Besuch in der Wohnung zu empfangen. Das Besuchsrecht schließt das Verweilen über Nacht ein. Dabei spielen in der heutigen Zeit Moralvorstellungen keine Rolle mehr (vgl. dazu Gather, DWW 1993, 350). Das Besuchsrecht umfasst auch häufigere und längere Besuche (LG Gießen, ZMR 2000, 385), wobei der Versuch einer zeitlichen Beschränkung mit sechs Wochen gemacht wird (vgl. Meyer-Abich, NZM 2022, 19). In Wohnraummietverträgen kann das Besuchsrecht nicht abbedungen werden (LG Gießen, NJW-RR 2001, 8).

Die Beurteilung, ob (noch) ein Besuch vorliegt, ist jedoch in Abgrenzung zur Untermiete vorzunehmen. Der insoweit einschlägige § 553 ist auch dann anwendbar, wenn der Mieter einen Dritten zum Mitgebrauch der Wohnung für dauernd in den Haushalt aufnimmt, ohne ihm im Wege der Untermiete einen bestimmten Teil der Wohnung zum allgemeinen Eigengebrauch zu überlassen. Die Schwierigkeiten in der Praxis liegen im Beweis für die eine oder andere Behauptung. Im entsprechenden Prozess (z. B. wegen unerlaubter Untervermietung) wird auch der Beweis des ersten Anscheins bei Vorliegen bestimmter Indizien heranzuziehen sein, der für die eine oder andere Version spricht. So dürfte das Anbringen eines eigenen Klingelschilds oder die polizeiliche Ummeldung des aufgenommenen Dritten für eine auf Dauer angelegte Aufnahme in die Wohnung sprechen und den Mieter zwingen, Umstände für das Gegenteil darzulegen und ggf. zu beweisen (Schmidt-Futterer/Flatow, § 553 Rn. 24; a. A. AG Hamburg WuM 1983, 327; LG Köln WuM 1983, 327). Dagegen spricht die Überlassung eines Haustürschlüssels nicht ohne weiteres für eine Untervermietung (LG Aachen, Urteil v. 29.12.1972, 5 S 411/72, ZMR 1973, 330). Anders beurteilt sich die Situation aber schon bei der Überlassung eines Haustürschlüssels und gleichzeitiger längerer Abwesenheit des Mieters.

 

Rz. 81

Der Mieter ist berechtigt, den Ehegatten, nächste Angehörige und Hausbedienstete in die Wohnung aufzunehmen (vgl. auch BayObLG, RE v. 29.11.1983, RE-Miet 9/82, ZMR 1984, 87). Die Grenzziehung ist jeweils die Überbelegung der Mietsache. Die Aufnahme derartiger Personen fällt nicht unter § 553.Ein Ehegatte darf in die gemeinsame Wohnung aufgenommen werden, solange es sich bei dieser um die Ehewohnung handelt (BGH, Urteil v. 12.6.2013, XII ZR 143/11, GE 2013, 999).

Der Begriff des nächsten Familienangehörigen ist ausfüllungsbedürftig. Das BGB gibt dazu keine Legaldefinition. Aus dem Schutzbereich des Art. 6 GG in seiner Auswirkung auf die einfach-rechtliche Regelung des bürgerlichen Rechts in Bezug auf Ehe und Familie folgt, dass der Kreis der Angehörigen eng zu ziehen ist. Zu dem geschützten Personenkreis gehören daher in erster Linie die gemeinsamen Kinder, auch wenn sie bereits volljährig sind (LG Potsdam, Urteil v. 4.9.2012,4 S 96/12, WuM 2012, 612). Dazu gerechnet werden kann auch ein Stiefkind, das der andere Ehegatte "mitbringt" (AG Berlin-Neukölln, Urteil v. 5.7.1990, 14 C 174/90, GE 1991, 187), sowie auch ein in die Familie aufgenommenes gemeinsames Pflegekind.

Nicht zum Kreis der nahen Angehörigen gehören Geschwister des Mieters (BayObLG, RE v. 29.11.1983, RE-Miet 9/82, ZMR 1984, 87 für den Bruder des Mieters), die Schwägerin des Mieters (AG Berlin-Schöneberg, GE 1990, 265) sowie Schwiegerkinder (AG Berlin-Neukölln, Urteil v. 5.7.1990, 14 C 174/90, GE 1991, 187). Es gibt eine Reihe von Entscheidungen, die von einem jedenfalls vorübergehenden Aufnahmerecht auch für andere Verwandte im weiten Sinne ausgehen (so z. B. LG Kassel, Beschluss v. 15.11.1988, 1 T 240/88, WuM 1989, 72 für den Bruder des Mieters; AG Koblenz, Urteil v. 20.6.1984, 16 C 185/84, WuM 1989, 175 für Tochter und Enkelkind; AG Limburg, Urteil v. 20.4.1989, 4 C 54/89, WuM 1989, 372 für den Schwiegersohn). Bei den Entscheidungen bleibt unklar, ob ein Aufnahmerecht über § 535 oder eine Untermiete über § 553 Abs. 1 gemeint ist. Für weitere Verwandte des Mieters mag daher ein Recht bestehen, vom Vermieter eine Untermieterlaubni...

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