Verfahrensgang

AG Brandenburg (Entscheidung vom 03.04.2012; Aktenzeichen 38 C 8/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 03. April 2012 - AZ.: 38 C 8/12 - abgeändert; die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 4.973,40 EUR (12 mal 414,45 EUR).

 

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen der vorliegenden Streitigkeit aus einem Wohnraummietverhältnis der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts verwiesen.

Von der Abfassung eines weitergehenden Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen, weil gegen das Urteil unzweifelhaft ein Rechtsmittel nicht zulässig ist. Mangels Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht würde ein Rechtsmittel im Sinne des § 313 a ZPO das Erreichen der Streitwertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO voraussetzen, woran es aber fehlt.

II.

Die statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt worden.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Der vom Amtsgericht zuerkannte Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung besteht nicht, denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wurde durch die Kündigungen vom 02.09.2011 und vom 06.12.2011 nicht beendet.

Bei Ausspruch der Kündigungen haben keine schuldhaften Pflichtverletzungen der Beklagten vorgelegen, die eine Kündigung seitens der Klägerin hätten rechtfertigen können.

1.

Hinsichtlich der Kündigungserklärung vom 02.09.2011 ist nach dem Vorbringen der Klägerin das tatsächliche Vorliegen der in der Erklärung angeführten Kündigungsgründe nicht feststellbar.

Soweit die Kündigung auf eine behauptete Vernachlässigung der Wohnung gestützt worden ist, wurden die entsprechenden Tatsachenbehauptungen zu Geruchsbelästigungen und Verschmutzungen, die in der Wohnung vorgelegen haben sollen, von der Beklagten ausdrücklich bestritten. In der mündlichen Verhandlung vom 06. März 2012 hat im Übrigen schon das Amtsgericht das Erfordernis weiterer Substantiierung im Hinblick auch die Gefährdung des Mietobjektes hingewiesen.

Die Klägerin hat insoweit gleichwohl weder ihren Vortrag konkretisiert bzw. ergänzt, noch den ihr insoweit obliegenden Beweis angetreten. Soweit sie sich in der Klageschrift diesbezüglich auf die von ihr erteilten Abmahnungen gestützt hat, ist dieses Beweisangebot untauglich; ein Abmahnungsschreiben erbringt allenfalls Beweis dafür, was gerügt worden ist, nicht aber dafür, dass gerügte Umstände auch tatsächlich vorgelegen haben. Auch die pauschale Inbezugnahme der Zeuginnen K. und N. (Klageschrift S. 5) erfüllt die Anforderungen an beweiserhebliches Vorbringen nicht, weil weder in den Abmahnungen noch schriftsätzlich dargestellt worden ist, wann insoweit welche Feststellungen getroffen worden sein sollen. Da schlüssiger Vortrag sich insoweit zwingend auf Zeitpunkte zeitlich vor dem Ausspruch der Abmahnungen bzw. der Kündigung beziehen muss, ist auch die als Beweisangebot aufgeführte "Inaugenscheinnahme" nicht zur Beweisführung geeignet.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts rechtfertigt auch die als Kündigungsgrund angeführte Überlassung der Wohnung an die Tochter der Beklagten zur Mitnutzung eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht.

Insoweit begegnet es bereits erheblichen Zweifeln, aus dem Umstand einer Meldeanschrift der Tochter der Beklagten unter der Wohnanschrift Nicolaiplatz ... in Brandenburg Schlussfolgerungen auf einen dort unverändert bestehenden Wohnsitz zu ziehen. Nach eigenem Vortrag der Klägerin wohnte die Tochter bis 2010 in einer eigenen (anderen) Wohnung in demselben Objekt, weshalb in dieser Zeit die von der Klägerin ermittelte Meldeanschrift schlicht zutraf; selbst wenn seit dem Auszug der Tochter diese eine Ummeldung auf aktuelle Wohnanschriften noch nicht vorgenommen hätte, könnte dieser Umstand weder Schlussfolgerungen noch vertragsrechtliche Konsequenzen zulasten der Beklagten rechtfertigen.

Letztlich kommt es allerdings auf die entsprechenden Annahmen des Amtsgericht ebenso wenig an, wie auf die von den Parteien streitig diskutierte Frage nach Grund und Ausmaß einer Pflegebedürftigkeit der Beklagten. Selbst wenn nämlich Die Tochter der Beklagten ohne einen (z.B. durch erforderliche Pflegeleistungen) zwingenden Grund als Mitbewohnerin in die Wohnung der Beklagten eingezogen wäre, würde die entsprechende Gestattung seitens der Beklagten keine schuldhafte Pflichtverletzung darstellen. Auch das Amtsgericht geht im Grundsatz davon aus, dass die Aufnahme eigener leiblicher Kinder in die eigene Mietwohnung Teil eines auch durch vertragliche Abreden nicht beschränkbaren Kerns des vertragsgemäßen Gebrauchs ist. Zu einem anderslautenden Ergebnis gelangt das angefochtene Urteil dann allerdings ohne jede inhaltlich belastbare Begründung allein mit dem Hinweis, leibliche Kinder eines...

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