Rz. 128

Geschuldet wird der vertragsgemäße Zustand der Mietsache. Dabei kommt es auf den Zustand an, der zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bestand. Allerdings können technische oder wissenschaftliche Entwicklungen zu der Erkenntnis führen, dass bestimmte Einrichtungen der Mietsache nicht mehr geeignet sind, den vertragsgemäßen Gebrauch zu gewährleisten, z. B. den Aufenthalt von Menschen nicht mehr gestatten. Demgemäß entsteht die Frage, unter welchen Umständen der Mieter einen Anspruch auf Veränderung der Mietsache, auf Modernisierung, auf Herrichtung den neuesten Erkenntnissen gemäß hat. Ein Anspruch auf Veränderung der technischen Ausstattung der Mieträume gibt dem Mieter jedoch auch bei Änderung der technischen Normen keinen Anspruch auf Anpassung der Ausstattung, wenn im Übrigen der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung weiter gewährleistet ist (vgl. auch Schläger, ZMR 1990, 161 [162]).

Dass eine dem vertragsgemäßen Zustand der Mietsache entsprechende Heizungs- und Belüftungsanlage hohe Energiekosten verursacht, ist bei der Beurteilung, ob ein Mangel der Mietsache vorliegt, nicht von Bedeutung, wenn die Anlage dem bei der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen technischen Standard entspricht und fehlerfrei arbeitet (BGH, Urteil v. 18. 12.2013, XII ZR 80/12 , NZM 2014, 163).

Auf DIN-Vorschriften kann sich der Mieter nicht für einen Anspruch auf Veränderung der Mietsache berufen, da diese ihre Funktion im öffentlichen oder privaten Baurecht haben. Für die mietrechtliche Beurteilung kommt es jedoch nur darauf an, ob der vertragsgemäße Gebrauch der vermieteten Sachen gewährleistet ist, ob der Zustand der Wohnung so ist, dass dem Mieter uneingeschränkt der ihm zustehende vertragsgemäße Gebrauch ermöglicht wird. Allerdings kann sich der Vermieter nicht auf die Einhaltung von DIN-Vorschriften zum Zeitpunkt der Erbauung des Gebäudes berufen, wenn für den Mieter dieser Zustand nicht mehr zumutbar, die Schmerzgrenze erreicht ist (LG Berlin, Urteil v. 13.7.1995, 62 S 133/95, GE 1995, 1211). So kann es eine Nachrüstungspflicht bei mangelndem Schallschutz geben (LG Berlin, Urteil v. 25.4.1994, 67 S 443/93, MM 1994, 281; LG Berlin, Urteil v. 15.8.1996, 62 S 412/95, GE 1996, 1249; Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 312 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Für die Beurteilung des vertragsgemäßen Gebrauchs kommt es in erster Linie auf die Vereinbarungen der Parteien an (BGH, Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 355/03, NZM 2005, 218). Fehlt eine Parteiabrede, ist jedenfalls die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet. Dabei ist aber nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (BGH, Urteil v. 5.12.2018, VIII ZR 67/18, GE 2019,113; BGH, Urteil v. 5.12.2018, VIII ZR 271/17, ZMR 2019, 189; im Anschluss an die st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil v. 23.9.2009, VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn. 11; BGH, Urteil v. 5.6.2013, VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417 Rn. 15).

Führt der Vermieter allerdings später in einem den Mieter betreffenden Bereich Arbeiten durch, kann der Mieter die Einhaltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden DIN-Normen erwarten (BGH, NZM 2013, 575 (577); 2005, 60:DIN 4109 mit Normtrittschallschutz von L'= 53 dB; OLG Naumburg, Urteil v. 13.10.2009, 9 U 45/09, NZM 2011, 35: Raumtemperaturen nach der Arbeitsstätten-Richtlinie – Raumtemperatur).

Der Mieter hat jedoch einen Anspruch auf Nachrüstung der elektrischen Ausstattung der Wohnung, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und den Einsatz der für die Haushaltsführung allgemein üblichen Geräte erlaubt (Urteil v. 26.7.2004, VIII ZR 281/03, GE 2004, 1090). Der Vermieter kann zur instandhaltenden Modernisierung des vermieteten Wohnraums verpflichtet sein, wenn dieser den für zeitgemäßes Wohnen erforderlichen Mindeststandard unterschreitet (LG Berlin, Beschluss v. 31.5.2016, 67 S 357/15, WuM 2016, 418). Der Mindeststandard für gesundes Wohnen ist erst unterschritten, wenn bei vernünftiger Betrachtungsweise mit Gesundheitsschäden zu rechnen ist; das ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Vermieter Vinylasbestplatten entfernen und noch vorhandene asbesthaltige Klebereste anschließend vollständig durch Trittschalldämmung und Laminatboden abdecken lässt (LG Berlin, Urteil v. 3.12.2014, 65 S 220/14, GE 2015,190).

Die Einhaltung der – bei Errichtung oder nunmehr – geltenden technischen Normen kann einen Einfluss auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung haben. Steht z. B. bei einem Neubau die Einhaltung der technischen Normen fest, dürfte bezüglich "normalen" Lärms – wie Straßenlärm – festgehalten werden können, dass kein Mangel vorliegt, mithin keine Nachrüstungspflicht nach § 535 besteht. Steht auf der anderen Seite fest, dass bei einem Neubau die technischen Normen für Schallschutz nicht eingehalten worden sind, dürfte es für den Mieter in Anwendung der Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins zu Beweiserleichterungen hinsichtlich von ihm behaupteter Lärmeinwirkungen kommen. Gleiches gilt für den Fall, d...

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