In bestimmten Fällen kann sich der Unterhaltspflichtige auf einen erhöhten Selbstbehalt berufen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn er für die Deckung seines Wohnbedarfs dauerhaft unvermeidbare Mehrkosten in erheblichen Umfang aufbringen muss, wenn also der im Tabellensatz ausgewiesene Mietanteil von 520 EUR beim notwendigen Selbstbehalt bzw. 650 EUR beim angemessenen Selbstbehalt im Einzelfall erheblich überschritten wird und dies nicht vermeidbar ist. Dies kommt vor allem in besonders kostenintensiven Wohnorten zum Tragen, erfordert vom Unterhaltspflichtigen jedoch die Darlegung und im Zweifel auch den Beweis dafür, dass die erhöhten Wohnkosten in der konkreten Situation unausweichlich sind. Ferner ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, bei der die Interessen des minderjährigen Kindes an angemessenen Unterhaltszahlungen abgewogen werden mit den Wohnbedürfnissen des Unterhaltspflichtigen. Ggf. kommt die Zubilligung eines erhöhten Selbstbehaltes in Folge erhöhter Wohnkosten auch nur für einen Übergangszeitraum in Betracht.[1]

Gerade auch während des Trennungsjahres können erhöhte Wohnkosten zu berücksichtigen sein. Von dem Unterhaltspflichtigen kann vor Ablauf des Trennungsjahres entsprechend den Rechtsgedanken der §§ 1565, 1566 BGB grundsätzlich nicht verlangt werden, die Ehewohnung aufzugeben, um sich eine kleinere, preisgünstigere Wohnung zu suchen, damit der Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind sichergestellt ist. In der Anfangsphase der Trennung ist nicht hinreichend sicher voraussehbar, ob die Ehe geschieden wird, sodass es grundsätzlich sachgerecht erscheint, den bisherigen räumlichen Bereich der Familie zunächst weiter zu erhalten.[2]

 
Hinweis

Voraussetzung für eine Erhöhung des Selbstbehalts infolge hoher Wohnkosten ist die Unvermeidbarkeit der Überschreitung des im Selbstbehalt vorgesehenen Betrages. Hierzu bedarf es konkreter Darlegungen, warum es nicht möglich ist, eine günstigere Wohnung zu finden.

Den Unterhaltsschuldner trifft die Obliegenheit, sich ihm mögliche und zumutbare Einkommensquellen zu erschließen, was in erhöhtem Maße im Mangelfall gilt. Daher ist er gehalten, seine Wohnkosten durch die Inanspruchnahme von Wohngeld zu senken, sofern ein Anspruch darauf besteht.[3]

Nach der Rechtsprechung des BGH können zudem die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld gemäß § 1612b Abs. 5 BGB ganz oder teilweise nicht zugutekommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.[4]

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