Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 37 O 85/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das am 07.04.2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin - 2 O 369/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist fortan ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2, 543 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen, nachdem der Senat die Revision nicht zugelassen hat und der Wert der mit einer etwaigen Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,00 EUR nicht übersteigt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.09.2012, VI ZR 51/12, Rdnr. 2 a.E.). Der in der zweiten Instanz vollständig unterlegene Kläger hat dort Verurteilung der Beklagten im Wert von 13.940,43 EUR nebst Zinsen und Kosten verlangt.

II. 1. Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft und wurde form- und fristgerecht eingereicht sowie begründet (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).

2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil das etwaige Widerrufsrecht des Klägers zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung gemäß § 242 BGB jedenfalls verwirkt war. Letzteres ergibt sich aus folgenden Überlegungen (vgl. hierzu schon Senat, Urt. v. 10.4.2019, 26 U 49/18; Senat, Urt. v. 13.2.2019, 26 U 188/17, Rdnr. 2 ff. zit. nach Juris):

a) Zu den Rechtsgrundsätzen, die bei der Prüfung der Verwirkung in Darlehenswiderrufssachen anzuwenden sind, hat der Bundesgerichtshofes ausgeführt (BGH, Beschl. v. 23.01.2018, XI ZR 298/17, Rdnr. 8 ff. zit. nach Juris; inhaltlich bestätigt in BGH, Urt. v. 16.10.2018, XI ZR 69/18, Rdnr. 12 ff. zit. nach Juris):

"aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung hinlänglich geklärt.

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Die Bewertung des Tatrichters kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht.

bb) Ferner sind die die Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen beherrschenden Grundsätze klar.

(1) Geklärt ist zunächst, dass das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers aus § 495 Abs. 1 BGB überhaupt der Verwirkung unterliegt. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen. Die Unverzichtbarkeit des Widerrufsrechts nach § 506 Satz 1 BGB in der zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung hindert die Anwendung des Instituts der Verwirkung nicht. Die Verwirkung knüpft nicht an eine ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung an, sondern an eine gesetzliche Wertung anderweitiger Umstände.

(2) Darüber hinaus stehen hinreichende höchstrichterliche Leitlinien zur Bestimmung des Zeitmoments zur Verfügung.

Die maßgebliche Frist für das Zeitmoment läuft mit dem Zustandekommen des Verbraucherdarlehensvertrags an. Da das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht anders als die aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierenden Ansprüche nicht verjährt und im Übrigen auch § 218 BGB auf das Widerrufsrecht keine Anwendung findet, kann weder aus den gesetzlichen Verjährungsfristen noch gar aus den gesetzlichen Verjährungshöchstfristen auf ein "Mindestzeitmoment" zurückgeschlossen werden.

Dagegen betrifft der Zeitraum zwischen der Beendigung des Verbr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge