Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der „Fernwärme”. Betreiben der Heizzentrale durch Dritte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Begriff „Fernwärme” zu § 1 Abs. 1 der Verordnung über Heizkostenabrechnung i.d.F. vom 5. April 1984 (BGBl. I, 592).

2. Zur Anwendbarkeit der Verordnung über Heizkostenabrechnung (a.a.O.), wenn ein Dritter die Heizzentrale, welche im Eigentum eines Teilerbbauberechtigten steht, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreibt und mit den einzelnen Wohnungseigentümern direkt abrechnet. Kammergericht, 23. Zivilsenat Urteil vom 9. November 1988 – 23 U 1842/88

 

Normenkette

HeizkostenVO § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2, 1 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 10.12.1987; Aktenzeichen 20 O 273/87)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Dezember 1987 verkündete Urteil der Zivilkammer 20 des Landgerichts Berlin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Anspruch wegen der Hauptforderung derzeit unbegründet ist.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe, die der Streithelferin auferlegt werden.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900,– DM, die auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Aktienbank beigebracht werden kann, abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Der Wert der Beschwer beträgt 5.676,42 DM.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte eine Nachforderung wegen der Lieferung von Wärme geltend.

Der Beklagten steht das Sondereigentum an einer Eigentumswohnung im Hause F. 49, 1. B. – verbunden mit einem Teilerbbaurechtsanteil – zu.

Das Haus gehört zu einer Eigentumswohnungsanlage mit 404 Eigentumswohnungen nebst Ladengeschäft und Parkhaus. Die Wohnanlage wurde in den Jahren 1973 bis 1976 in mehreren Bauabschnitten durch die I. GmbH & Co. KG (künftig: I.) und deren Kommanditisten als Erbbauberechtigte auf der aus dem nachfolgenden Lageplan ersichtlichen Fläche errichtet:

Im Keller des Hauses Nr. 1 (F. 41) befindet sich die Heizzentrale. Das Heizwerk mit den dazugehörigen Rohrleitungen und die Übergabestationen stehen im Sondereigentum der Investbau – verbunden mit den entsprechenden Teilerbbaurechtsanteilen.

Die Investbau verpachtete den Betrieb der Heizzentrale für die zu errichtende Wohnanlage durch Vertrag vom 12./25. April 1973 (Bd. I Bl. 150–159) an die D. S. AG, welche der Klägerin den Vertrieb der erzeugten Wärme übertrug. In der Präambel des Pachtvertrages zur Versorgung der Wohnanlage mit Wärme für Raumheizung und Brauchwassererwärmung heißt es:

„Die Wohnsiedlung soll im Endausbau umfassen:

Ca. 413 Wohnungseinheiten mit mindestens 31.420 qm Wohnfläche;

ca. 6 Teileigentumseinheiten mit mindestens 600 qm Nutzfläche.

Investbau wird das HW errichten und dieses an S. zum Zwecke der Durchführung der Wärmeversorgung verpachten.”

Durch Wärmelieferungsvertrag vom 12./25. April 1973 (Bd. I Bl. 8–14) vereinbarten die damaligen Teilerbbauberechtigten (einschließlich der Investbau) als „Abnehmer” mit der Klägerin bezüglich der Wärmeversorgung der durch Aufteilung entstandenen oder noch aufzuteilenden Wohnungserbbaurechtsanteile an dem im Grundbuch des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg von Marienfelde, Band …, Blatt …, eingetragenen Grundstück folgendes:

„Über die Wärmeversorgung der genannten Wohnungs- und Teilerbbaurechte vereinbaren die Abnehmer und H. folgendes:

§ 1

  1. H. liefert durch das Heizwerk (HW) D. …; Ecke S. Nr. … Wärme für Raumheizung und Brauchwassererwärmung.
  2. Wärmelieferung erfolgt für:

    1. die Wohnungserbbaurechts-Anteile lt. Nr. 1–176 der TE
    2. den Teilerbbaurechts-Anteil lt. Nr. 177 der TE
    3. sämtliche aus der beabsichtigten Aufteilung des Anteils Nr. 178 der TE hervorgehenden Wohnungserbbaurechts- oder Teilerbbaurechts-Anteile. Hiervon ausgenommen sind jedoch solche Teilerbbaurechts-Anteile, bei denen sich das Sondereigentum ausschließlich auf

      aa) Garagen

      bb) Übergabestationen

      cc) die Heizzentrale

      erstreckt.

Ausgenommen von der Wärmelieferung sind auch die Teilerbbaurechts-Anteile Nr. 178 (Heizzentrale) und 179 (Übergabestation) der TE.”

In diesen Wärmelieferungsvertrag sowie den Nachtrag Nr. 1 vom 5. April 1974 (Bd. I Bl. 15, 16) trat die Beklagte durch Erklärung vom 4. März 1900 als „Abnehmerin” ein (Bd. I Bl. 23).

Die Klägerin rechnet mit den jeweiligen Wohnungseigentümern einzeln ab. Die Messung des Gesamtwärmeverbrauchs der Wohnanlage erfolgt nach § 3 Nr. 2 des Wärmelieferungsvertrages durch im Heizwerk installierte Wärmemengenzähler (Gigacalorie-Zähler). Die vermietete Gewerbeeinheit verfügt hingegen über einen eigenen Wärmemengenzähler. Die Übergabe der Wärme erfolgt nach Abschnitt I. Nr. 2 der Allgemeinen Bedingungen der Klägerin (Bd. I Bl. 18, 19) in Verbindung mit § 6 Nr. 2.1 des Wärmelieferungsvertrages an den einzelnen Übergabestationen.

Bis zum 1. Juni 1983 rechnete die Klägerin ihre Wärmelieferun...

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