Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Urteil vom 15.06.2007; Aktenzeichen 11 C 65/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.6.2007 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 11 des AG Mitte abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 15.6.2007 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 11 des AG Mitte, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei der in § 12 Ziff. 4 des Mietvertrages enthaltene Fristenplan starr im Sinne der Rechtsprechung des BGH vom 23.6.2004 mit der Folge, dass die in der Klausel des Mietvertrages enthaltene starre Fristenregelung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.

Der Beklagte beantragt, das am 15.6.2007 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 11 des AG Mitte abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihm in § 12 des Mietvertrages die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen wirksam übertragen worden.

II. Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 3.553,08 EUR gem. §§ 535, 280 BGB i.V.m. § 12 Ziff. 1 und 4 des Mietvertrages.

Die in § 12 Ziff. 4 des Mietvertrages enthaltene formularmäßige Klausel über die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, weil sie ihm ein Übermaß an Pflichten auferlegt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BGHZ 102, 384; BGH WM 2003, 1967; BGH NJW-RR 2004, 262; BGH NJW 2006, 2113). Vorformulierte Fristenpläne für die Ausführung von Schönheitsreparaturen müssen, um der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB standzuhalten, nach der Rechtsprechung des BGH so abgefasst sein, dass der Fristenplan nur den Charakter einer Richtlinie hat, von der im Einzelfall bei gutem Erhaltungszustand der Mieträume auch nach oben abgewichen werden kann; dies muss für den durchschnittlichen, verständigen Mieter erkennbar sein (BGH NJW 2004, 2087; BGH NJW 2004, 2586; BGH NJW 2005, 3416; BGH NJW 2006, 2113).

Entgegen der Auffassung des AG wird § 14 Ziff. 4 des Mietvertrages diesen Anforderungen nicht gerecht. Die im ersten Teil der Klausel enthaltene Wendung, wonach der Mieter die Schönheitsreparaturen nach dem jeweiligen Grad der Abnutzung durchzuführen hat, kann aus der Sicht des verständigen Mieters nicht allein die Bedeutung haben, dass er Renovierungsarbeiten nur dann auszuführen hat, wenn tatsächlich Renovierungsbedarf besteht und es Ausnahmen von den üblichen Fristen geben kann. Das folgt dem zweiten Teil der Klausel, wonach der Mieter die Schönheitsreparaturen regelmäßig nach Maßgabe folgenden Fristenplans (... 3 Jahre ... fünf Jahre ... Sieben Jahre) durchzuführen hat. Hätte der Vermieter die Formulierung "in der Regel" oder "im Allgemeinen" gewählt, wäre für den Mieter erkennbar gewesen, dass es sich bei den genannten Fristen nur um eine Orientierungshilfe und nicht um einen starren Fristenplan handeln sollte. Dadurch, dass der Mieter vorliegend aber verpflichtet sein sollte, Schönheitsreparaturen regelmäßig nach Maßgabe des Fristenplanes durchzuführen, ist die Klausel in ihrer Gesamtheit aus Sicht eines verständigen, durchschnittlichen Mieters dahingehend zu verstehen, dass er die Schönheitsreparaturen nach dem jeweiligen Grad der Abnutzung, in jedem Fall aber spätestens innerhalb der genannten Fristen durchzuführen hat. Es handelt sich daher um einen starren Fristenplan, der die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1961526

ZMR 2008, 789

WuM 2008, 474

Info M 2008, 115

OLGR-Ost 2008, 684

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