Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 09.09.2019; Aktenzeichen 27 AR 17/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 09.09.2019 - 27 AR 17/19 -, in der Gestalt des teilweise abhelfenden Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 21.01.2020 geändert und die Auskunftserteilung über die bereits mit Beschluss des Senats vom 11.03.2020 - 10 W 13/20 - bewilligte Gestattung hinaus weiter in folgendem Umfang genehmigt:

Die Auskunftserteilung wird zusätzlich zu folgenden Bestands- und Nutzerdaten der auf der Plattform X registrierten Nutzer unter den Nutzernamen

4. "X", URL: X

5. "X", URL: X

6. "X", URL: X

9. "X", URL: X

10. "X", URL: X

11. "X", URL: X

12. "X", URL: X

14. "X", URL: X

15. "X", URL: X

22. "X", URL: X

durch Angabe der folgenden, bei der Beteiligten hinterlegten Daten:

a. IP-Adressen, die von dem jeweiligen Nutzer für das Hochladen der unter dem Nutzernamen abrufbaren Beiträge und Bilder verwendet wurden, nebst genauem Zeitpunkt des Hochladens unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inclusive Minuten, Sekunden und Zeitzone (Uploadzeitpunkt)

b. Namen des jeweiligen Nutzers

c. E-Mail-Adresse des jeweiligen Nutzers

d. IP-Adresse, die von dem jeweiligen Nutzer zuletzt für einen Zugriff auf sein Nutzerkonto unter dem jeweiligen Nutzernamen verwendet wurde, nebst genauem Zeitpunkt des Zugriffs unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inclusive Minuten, Sekunden und Zeitzone (Zugriffszeitpunkt).

gestattet.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert bis zu 25.000 EUR zu tragen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin, eine bundesweit bekannte Politikerin der Partei X, begehrt die gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung hinsichtlich zahlreicher Nutzerdaten. Es handelt sich um die Daten von 22 Nutzern der von der Beteiligten betriebenen Social-Media-Plattform "X". Diese haben einem von einem anderen Blogger ebenfalls auf "X" veröffentlichten Text- und Bildbeitrag ("Ausgangspost"), der der Antragstellerin ein verfälschtes Zitat in den Mund legt, herabsetzende Kommentare hinzugefügt, die nach Auffassung der Antragstellerin ihrerseits jeweils den Tatbestand eines Beleidigungsdelikts im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllen.

Der Ausgangspost enthielt das Zitat der Antragstellerin, "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist", welches der Blogger zu der Aussage ergänzte: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt". Anders als das gesamte, mit einem Foto der Antragstellerin versehene vermeintliche Zitat es dem Leser aufdrängte, hat die Antragstellerin sich so nicht geäußert. Lediglich der erste Halbsatz stammte von ihr. Es handelte sich um einen Zwischenruf, den die Antragstellerin als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses im Jahr 1986 im Rahmen einer Debatte zum Thema "häusliche Gewalt" auf eine Zwischenfrage eines Abgeordneten nach der Haltung einer Rednerin aus der Partei "X" zu einem Beschluss über eine Entkriminalisierung von einvernehmlichem Sex mit Minderjährigen angebracht hatte.

Das Landgericht Berlin hatte die Anträge der Antragstellerin mit seinem Beschluss vom 09.09.2019, 27 AR 17/19, zunächst insgesamt zurückgewiesen. Es hat der Beschwerde der Antragstellerin durch den weiteren Beschluss vom 21.01.2020 teilweise abgeholfen und die Auskunftserteilung über die beantragten Nutzerdaten hinsichtlich folgender Kommentare (Anmerkung: Nummerierung gemäß der Antrags- bzw. Beschwerdeschrift) gestattet:

3. "Dieses Stück Scheisse. Überhaupt so eine Aussage zu treffen zeugt von kompletter

Geisteskrankheit.",

13. "schlampe",

16. "Drecks Fotze",

18. "Diese hohle Nuß gehört entsorgt, aufe Mülldeponie aber man darf ja dort keinen Sondermüll entsorgen"

19. "Schlamper",

20. "Ferck du Drecksau"

Der Senat hat auf die von der Antragstellerin mit der Beschwerde weiter verfolgte Gestattung der Auskunftserteilung durch Beschluss vom 11.03.2020 in Bezug auf sechs der weiter verfahrensgegenständlichen 16 Freigabeverfahren entsprochen (Nr. 1., 2., 7., 8. 17. und 21. der Antrags- bzw. Beschwerdeschrift) und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Er hat ferner mit Beschluss vom 06.04.2020 die Anhörungsrüge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat auf die Verfassungsbeschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 19.12.2021 - X - (X) die Beschlüsse des Senats vom 11.03.2020 und 06.04.2020 -10 W 13/20- aufgehoben, soweit sie zum Nachteil der Beschwerdeführerin ergangen sind und die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.

B. Der Senat erachtet die Beschwerde der Antragstellerin hinsichtlich der nach Zurückverweisung des Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht (X) noch verfahrensgegenständlichen Äußerungen:

4. "Pädophilen-Trulla",

5. "Die alte hat doch einen Dachschaden die ist hol wie Schnittlauch man kann da nur noch"

[Anmerkung: Es folgt ein "Emoji", d.h. ein Piktogramm, welches ein sich übergebendes Gesicht zeigt]

6. "Mensch...was bist Du ...

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