Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 09.09.2019; Aktenzeichen 27 AR 17/19)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 19.12.2021; Aktenzeichen 1 BvR 1073/20)

KG Berlin (Beschluss vom 06.04.2020; Aktenzeichen 10 W 13/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 09.09.2019, 27 AR 17/19, in der Gestalt des teilweisen Abhilfebeschlusses des Landgerichts Berlin vom 21.01.2020 in folgendem Umfang geändert:

Die Auskunftserteilung über folgende weitere Bestands- und Nutzerdaten der auf der Plattform www.X registrierten Nutzer unter den Nutzernamen

1. "X

2. "X

...

7. "X

8. "X

...

17. "X

...

21. "X

durch Angabe der folgenden, bei der Beteiligten hinterlegten Daten:

a. IP-Adressen, die von dem jeweiligen Nutzer für das Hochladen der unter dem Nutzernamen abrufbaren Beiträge und Bilder verwendet wurden, nebst genauem Zeitpunkt des Hochladens unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inclusive Minuten, Sekunden und Zeitzone (Uploadzeitpunkt)

b. Namen des jeweiligen Nutzers

c. E-Mail-Adresse des jeweiligen Nutzers

d. IP-Adresse, die von dem jeweiligen Nutzer zuletzt für einen Zugriff auf sein Nutzerkonto unter dem jeweiligen Nutzernamen verwendet wurde, nebst genauem Zeitpunkt des Zugriffs unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inclusive Minuten, Sekunden und Zeitzone (Zugriffszeitpunkt).

wird gestattet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert bis zu 13.000,00 Euro zu tragen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin, eine bundesweit bekannte Politikerin der Partei X, begehrt die gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung hinsichtlich zahlreicher Nutzerdaten. Es handelt sich um die Daten von 22 Nutzern der von der Beteiligten betriebenen Social-Media-Plattform "X". Diese haben einem von einem anderen Blogger ebenfalls auf "X" veröffentlichten Text- und Bildbeitrag ("Ausgangspost"), der der Antragstellerin ein verfälschtes Zitat in den Mund legt, herabsetzende Kommentare hinzugefügt, die nach Auffassung der Antragstellerin ihrerseits jeweils den Tatbestand eines Beleidigungsdelikts im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllen.

Der Ausgangspost enthielt das Zitat der Antragstellerin, "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist", das der Blogger zu der Aussage ergänzte: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt" und so dem Leser den Eindruck vermittelte, die gesamte, mit einem Foto der Antragstellerin versehenen Äußerung sei von dieser so getätigt worden. Tatsächlich handelte es sich lediglich bei dem ersten Halbsatz um die Wiedergabe eines Zwischenrufs der Antragstellerin, den diese als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses im Jahr 1986 im Rahmen einer Debatte zum Thema "häusliche Gewalt" auf eine Zwischenfrage eines Abgeordneten nach der Haltung einer Rednerin aus der Partei "Die G..." zu einem Beschluss über eine Entkriminalisierung von einvernehmlichem Sex mit Minderjährigen angebracht hatte.

Das Landgericht Berlin hatte die Anträge der Antragstellerin mit seinem Beschluss vom 09.09.2019, 27 AR 17/19, zunächst insgesamt zurückgewiesen. Der Beschwerde der Antragstellerin hat es durch den weiteren Beschluss vom 21.01.2020 teilweise abgeholfen und die Auskunftserteilung über die beantragten Nutzerdaten hinsichtlich folgender Kommentare (Anmerkung: Nummerierung gemäß der Antrags- bzw. Beschwerdeschrift) gestattet:

3. "Dieses Stück Scheisse. Überhaupt so eine Aussage zu treffen zeugt von kompletter Geisteskrankheit.",

13. "schlampe",

16. "Drecks Fotze",

18. "Diese hohle Nuß gehört entsorgt, aufe Mülldeponie **aber man darf ja dort keinen Sondermüll entsorgen *

19. "Schlamper",

20. "Ferck du Drecksau"

Die Antragstellerin verfolgt die Anträge auf Gestattung der Auskunftserteilung weiter, soweit das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hat.

B. Die gemäß § 14 Abs. 4 Satz 7 TMG, §§ 58ff. FamFG statthafte und zulässig eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat teilweise, nämlich in Bezug auf sechs der im Beschwerdeverfahren noch weiter verfolgten 16 Freigabebegehren Erfolg.

Es handelt sich dabei um die verfahrensgegenständlichen Äußerungen/Kommentare:

"1. Knatter sie doch mal einer so richtig durch, bis sie wieder normal wird",

"2. Wurde diese "Dame" vielleicht als Kind ein wenig viel gef.... und hat dabei etwas von ihren Verstand eingebüßt.",

"7. Pfui, du altes grünes Dreckschwein...",

"8. Der würde in den Kopf geschi... War genug Platz da kein Hirn vorhanden war/ist",

17. "Die will auch nochmal Kind sein weil sonst keiner an die Eule ran geht!",

21. "Sie alte perverse Drecksau!!!!! Schon bei dem Gedanken an sex mit Kindern muss das Hirn wegfaulen!!!!! Ich glaube, das ist bei den Grünen auch so!!!!!"

In diesem Umfang war die Entscheidung des Landgerichts abzuändern und die Auskunftserteilung durch gerichtliche Anordnung zu gestatten, da die Voraussetzungen nach § 14 TMG diesbezüglich vorliegen. Hinsichtlich aller weiteren beanstandeten Kommentare ist dies nicht ...

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