Leitsatz (amtlich)

Ein Frau-zu-Mann Transsexueller, der nach der Änderung seines personenstandsrechtlichen Geschlechts ein Kind empfangen und geboren hat, ist in das Geburtenregister als Mutter des Kindes mit seinen (früheren) weiblichen Vornamen einzutragen.

 

Normenkette

PStV § 11 Anl. 1 Nr. 1201; PStV § 11 Anl. 4; BGB §§ 1591, 1626a Abs. 3; PStG § 21 Abs. 1 Nr. 4; PStV § 19; TSG § 5 Abs. 3, § 7 Abs. 1 Nr. 1, §§ 10, 11 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 71 III 254/13)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 15.05.2018; Aktenzeichen 1 BvR 2831/17)

BGH (Beschluss vom 08.11.2017; Aktenzeichen XII ZB 660/14)

BGH (Beschluss vom 06.09.2017; Aktenzeichen XII ZB 660/14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Geburt des Beteiligten zu 1) wurde im Register Nr. .../1982 des Standesamts ...wie folgt beurkundet: ...(weibliche Vornamen)..., weiblichen Geschlechts, ist am ...1982 ... geboren. Am ...2008 schloss der Beteiligte zu 1) die Ehe mit einem Mann. Mit Beschluss des AG Schöneberg - ...- vom ...2010, rechtskräftig seit dem ...2010, wurden die Vornamen des Beteiligten zu 1) in ...(männliche Vornamen)...geändert. Mit seit dem ...2011 rechtskräftigem Beschluss des AG Schöneberg - ...- vom ...2011 wurde festgestellt, dass der Beteiligte zu 1) als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Mit sogleich rechtskräftigem Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - ...- vom ...Februar 2013 wurde seine Ehe geschieden. Am ...März 2013 gebar der Beteiligte zu 1) ein Kind männlichen Geschlechts, dem er die Vornamen ...erteilt - den Beteiligten zu 2).

Der Beteiligte zu 1) macht geltend, er habe nach Zuerkennung des männlichen Geschlechts die Hormone abgesetzt, wodurch er wieder fruchtbar geworden sei. Das Kind sei durch Samenspende ("Bechermethode") entstanden. Er habe mit dem Spender vereinbart, dass dieser nicht rechtlicher Vater des Kindes werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Rechtsansichten der Beteiligten wird auf die Akten nebst standesamtlicher Sammelakten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 58 ff. FamFG i.V.m. § 51 Abs. 1 S. 1 PStG), jedoch nicht begründet. Das AG hat das Standesamt zu Recht gem. § 49 PStG angewiesen, die Geburt des Beteiligten zu 2) mit dem Beteiligten zu 1) als Mutter (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG, §§ 11, 19 PStV i.V.m. Anlage 1 Nrn 1201 ff. und Anlage 4) unter dem Namen ...(weibliche Vornamen)...zu beurkunden.

Dabei kann offen bleiben, ob der Beteiligte zu 1) die durch Beschluss vom ...2010 geänderten Vornamen mit der Geburt des Beteiligten zu 2) auch im Verhältnis zur Allgemeinheit verloren hat, weil die Entscheidung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 TSG unwirksam geworden ist. Das dürfte zu verneinen sein. Nach der gesetzlichen Systematik dürfte eine teleologische Reduktion dahin geboten sein, dass § 7 Abs. 1 Nr. 1 TSG nur zur Anwendung kommt, solange eine (isolierte) Namensänderung ohne Änderung des Geschlechts nach §§ 8 ff. TSG gegeben ist. Die Folgen einer Änderung des personenstandsrechtlichen Geschlechts dürften in §§ 10 ff. TSG umfassend geregelt sein, unabhängig davon, ob der Vorname gleichzeitig (§§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 3 S. 2 TSG) oder bereits zuvor auf Grund von § 1 TSG geändert worden ist.

Jedenfalls sind bei dem Beteiligten zu 1) in dem Geburtseintrag seines leiblichen Kindes gem. § 5 Abs. 3 TSG (i.V.m. § 10 Abs. 2 TSG) die Vornamen anzugeben, die vor der Namensänderung maßgebend waren. Der Beteiligte zu 1) ist zudem gem. § 11 S. 1 TSG als Mutter und nicht als Vater des Beteiligten zu 2) zu bezeichnen. Der Beteiligte zu 1) ist im Verhältnis zu seinen Kindern weiterhin als Frau anzusehen - da er den Beteiligten zu 2) geboren hat, als dessen Mutter, § 1591 BGB.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde erfasst § 11 TSG auch leibliche Kinder, die erst nach der Feststellung über die Zugehörigkeit des Elternteils zu einem anderen Geschlecht geboren wurden. Wie bereits das OLG Köln (StAZ 2010, 45 f.) ausführlich dargelegt hat, ergibt sich das aus dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat die - selbst unter Berücksichtigung von § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 TSG gegebene - Möglichkeit bedacht, der Betroffene könne nach der Entscheidung über die Änderung seines Geschlechts noch Kinder zeugen oder empfangen, und die wortgetreue Anwendung des § 11 TSG auf diese Fälle entspricht dem gesetzgeberischen Ziel. Der Gesetzesentwurf sah für § 5 Abs. 3 zunächst die Formulierung vor "In dem Geburtseintrag des Kindes des Antragstellers, das bis zum Ablauf von dreihundertzwei Tagen nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Änderung der Vornamen des Antragstellers geboren ist,..." und für § 11 S. 1 "... zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern unberührt, soweit die Kinder vor Rechtskraft der Entscheidung empfangen ... worden sind ..." (BT-Drucks. 8/2947, 5 f.). Der Gesetzgeber hat nach Änderungsvorschlägen die in Kraft getretene Fassung des Transsex...

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