Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen eines provozierten Verkehrsunfalls.

Steht die Provokation des Unfalls durch den Führer des einen Kfz fest, ist dadurch die Betriebsgefahr dieses Fahrzeugs erheblich erhöht und bei der Abwägung nach § 17 StVG zu berücksichtigen mit der Folge, dass dies zu Lasten des klagenden Eigentümer und Halter des Fahrzeugs geht, der das Fahrzeug selbst nicht geführt hat.

Der Nachweis einer Absprache zwischen Eigentümer und Fahrer ist insoweit nicht erforderlich.

Der Geschädigte, dessen vorgeschädigtes Fahrzeug an einem weiteren Unfall beteiligt ist, hat die Ursächlichkeit des neuen Unfalls für den danach vorliegenden Schaden zu beweisen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 51/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

1. Das LG hat zu dem Hergang des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K., die Einholung eines schriftlichen und mündlichen Gutachtens des Sachverständigen L. sowie die persönliche Anhörung der Beklagten zu 2) und 3) und diese Beweisaufnahme in der angegriffenen Entscheidung auf den Seiten 4 - 7 eingehend gewürdigt.

Es hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, da es nach der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung, der der Senat aus eigener Überzeugung folgt, zu der Auffassung gelangt ist, dass es sich vorliegend um einen sog. provozierten Unfall handelte, dass heißt der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs, der Zeuge K, eine sich anbahnende Verkehrssituation ausnutzte, um das Beklagtenfahrzeug vorsätzlich in einen Verkehrsunfall zu verwickeln.

2. Auch der Senat gelangt aufgrund der gebotenen Gesamtschau der gegebenen Umstände zu der Überzeugung einer Unfallmanipulation, hier in Form eines sog. provozierten Unfalls.

Dies hat zur Folge, dass die Klage zu Recht abgewiesen wurde (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 71, 339 = NJW 1978, 2154 = VersR 1978, 242; KG NZV 2003, 87 = VersR 2003, 610; NZV 203, 85 = VersR 2003, 613; NZV 2003, 233; NZV 2009, 459 = VRS 115, 285).

Die Überzeugungsbildung des LG ist im vorliegenden Fall auf Grund der im angefochtenen Urteil aufgeführten Indizien rechtsfehlerfrei erfolgt.

Das LG hat die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines sog. provozierten Unfalls auf S. 4 des angefochtenen Urteils zutreffend dargestellt.

Ergänzend kann auf Folgendes hingewiesen werden:

a) Um einen manipulierten Unfall zu bejahen ist eine Häufung von bestimmten Indizien nicht erforderlich. Die Rechtsprechung geht vielmehr dahin, dass jedenfalls im Fall einer ungewöhnlichen Häufung von Beweisanzeichen ein manipulierter Unfall angenommen werden kann. Es kommt nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen nachgewiesen werden. Entscheidend ist vielmehr die Werthaltigkeit des oder der Anzeichen in der Gesamtschau. Es ist auch ohne Bedeutung, wenn sich für einzelne Indizien eine plausible Erklärung finden lässt oder die Umstände jeweils für sich allein nicht den Schluss auf ein manipuliertes Ereignis nahe legen.

Die Feststellung, es handele sich um einen manipulierten Unfall erfolgt vielmehr aufgrund von Umständen, die die Annahme einer erheblichen Wahrscheinlichkeit dafür zulassen, dass es sich nicht mehr um einen Zufall handeln kann (st. Rspr., vgl. BGHZ 71, 339 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154; OLG Köln, r + s 1994, 212; VRS 95, 335; DAR 2000, 68; KG, NZV 2003, 233; KG, Urt. v. 29.3.2004 - 22 U 201/03; KG KGReport Berlin 2005, 851 = VersR 2006, 714; KG, Beschlüsse vom 8.12.2005 12 U 201/05 -; v. 25.10.2006 - 12 U 74/06).

Eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen kann die Feststellung rechtfertigen, dass ein Unfall verabredet gewesen ist, wobei die erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür ausreicht (st. Rspr., vgl. nur BGHZ 71, 339; KG NZV 2003, 87; NZV 2003, 233; KGReport Berlin 2005, 851). Beweisanzeichen können sich ergeben aus Unfallhergang, Art der Schäden, fehlender Kompatibilität, Anlass der Fahrt, Art der beteiligten Fahrzeuge, persönliche Beziehungen und Vermögensverhältnissen der Beteiligten. Entscheidend ist die Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände (OLG Köln, Urt. v. 13.2.1994 - 12 U 206/93 - r + s 1994, 212).

Der Beweis für einen fingierten Unfall ist geführt, wenn sich der "Unfall" als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse darstellt, ohne, dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufa...

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