Leitsatz (amtlich)

Wird ein Prozesskostenhilfebeschluss aufgehoben, entfallen die Wirkungen des § 122 ZPO vollständig. Der beigeordnete Rechtsanwalt kann dann gegen seine Partei vorgehen und insbesondere Kostenfestsetzung nach § 11 RVG hinsichtlich der vollen Wahlanwaltsgebühren beantragen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 471/09)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat, da er als beigeordneter Rechtsanwalt für den Beklagten tätig war, gegen diesen einen Anspruch auf Erstattung der ihm aufgrund seiner Tätigkeit entstandenen Gebühren und zwar unbeschadet des Fortbestehens seiner bereits entstandenen Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse (Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 124, Rz. 24; Baumbach, ZPO, 69. Aufl., § 124, Rz. 26).

Mit der durch Beschluss vom 13.5.2009 erfolgten Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung sind die Wirkungen des § 122 ZPO vollständig entfallen. Das heißt die Staatskasse kann ihre und auch die übergegangenen Ansprüche gegen die (ehemalige) PKH-Partei geltend machen und der beigeordnete Rechtsanwalt kann gegen seine Partei vorgehen, insbesondere Kostenfestsetzung nach § 11 RVG hinsichtlich der vollen Wahlanwaltsgebühren beantragen (Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 124, Rz. 10).

Der geltend gemachte Anspruch ist auch nicht verjährt, da der Kläger bis zum Zeitpunkt der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 122 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO gehindert war, Ansprüche auf Vergütung ggü. dem Beklagten geltend zu machen. Die Forderungssperre endet entgegen der Auffassung des Beklagten erst mit der Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 ZPO und nicht mit der Aufhebung der Beiordnung (Zöller, a.a.O., § 122, Rz. 12).

Da die Prozesskostenhilfebewilligung erst mit Beschluss vom 13.5.2009 aufgehoben worden ist, begann die Verjährung gem. § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres 2009 zu laufen. Zu diesem Zeitpunkt war der Mahnbescheid bereits zugestellt worden.

II. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.

III. Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2657963

MDR 2011, 627

AGS 2011, 332

BerlAnwBl 2011, 230

RVGreport 2011, 230

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