Leitsatz (amtlich)

Ein von der Palästinensischen Autonomiebehörde ausgestellter Reisepass - "Passport" bzw. "Travel Document" - ist zum Nachweis der Identität seines Inhabers nicht geeignet, wenn er im Inland nicht anerkannt wird und es dem Inhaber möglich und zumutbar ist, einen anerkannten Pass oder ein Passersatzpapier - hier von der Arabischen Republik Syrien ausgestelltes "Document de Voyage pour les Refugies Palestiniens" oder "Travel Document for Palestinian Refugees" - zu erlangen (Abgrenzung zu Senat, Beschluss vom 4. Januar 2018 - 1 W 190-191/17 - StAZ 2018, 379).

 

Normenkette

AsylG §§ 4, 73; AufenthG §§ 3, 48, 71; AufenthV § 4; KonsularG § 13; PStG §§ 9, 21, 48, 54; PStV §§ 33, 35; ZPO §§ 415, 418, 435, 438

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 71f III 18/22)

 

Tenor

Die Beschwerde wird bei einem Wert von 5.000,00 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgemäß bei dem Amtsgericht erhoben worden, §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG, 51 Abs. 1 PStG.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf Berichtigung des im Beschlusseingang bezeichneten Geburtenregistereintrags mit Recht zurückgewiesen.

a) Außer in den Fällen des § 47 PStG darf ein abgeschlossener Registereintrag nur auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden, § 48 Abs. 1 S. 1 PStG. Eine solche Anordnung setzt die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der beantragten Eintragung voraus. An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 2017, 3152). Es ist voller Beweis erforderlich, Glaubhaftmachung genügt insoweit nicht (Senat, Beschluss vom 26. Februar 2019 - 1 W 561-564/17 - FamRZ 2019, 685).

Nach Auswertung der von den Beteiligten zu 1 und 2 vorgelegten Urkunden sowie den beigezogenen standesamtlichen Sammelakten und den zu den Beteiligten zu 1 und 2 bei dem Landesamt für Einwanderung Berlin geführten Ausländerakten ist der Senat wie das Amtsgericht von der Identität der Beteiligten zu 1 und 2 mit der gebotenen Sicherheit nicht überzeugt.

b) Eintragungen in den Personenstandsregistern werden u.a. aufgrund von Einträgen in anderen Personenstandsregistern, Personenstandsurkunden oder sonstigen öffentlichen Urkunden vorgenommen, § 9 Abs. 1 PStG. Dementsprechend soll das Standesamt bei der Anzeige der Geburt eines Kindes die Vorlage von Geburtsurkunden der Eltern sowie ihrer Personalausweise, Reisepässe oder anderer anerkannter Passersatzpapiere verlangen, § 33 S. 1 PStV, um im Geburtenregister deren Vor- und Familiennamen beurkunden zu können, § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG. Diese für das behördliche Verfahren vorgeschriebenen Beweisanforderungen hat auch das Gericht im Rahmen des Verfahrens nach § 48 PStG zu beachten, ohne aber auf solche Beweismittel beschränkt zu sein (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2023 - XII ZB 155/20 - juris).

aa) Die in den Geburtenregistereintrag aufzunehmenden Personenstandsangaben sind primär den vorzulegenden Geburtsurkunden zu entnehmen, während die ebenfalls zu verlangenden Personaldokumente dem Nachweis dienen, dass die sich aus den Geburtsurkunden ergebenden Personenstandsangaben den Personen zuzuordnen sind, die diese für sich in Anspruch nehmen (Senat, Beschluss vom 4. Januar 2018 - 1 W 190-191/17 - StAZ 2018, 379).

Das ist grundsätzlich nicht anders, wenn ausländische Personenstandsurkunden vorgelegt werden, auch wenn ihnen nicht die Beweiskraft entsprechender deutscher Urkunden, § 54 Abs. 1 und 2 PStG, zukommt. Gleichwohl handelt es sich um öffentliche Urkunden. Ihnen kommt die Beweiskraft der §§ 415, 418 ZPO zu. Das setzt aber die Überzeugung des Gerichts von der Echtheit der ausländischen Urkunde voraus, § 438 ZPO (Senat, Beschluss vom 29. September 2005 - 1 W 249/04 -StAZ 2006, 13).

bb) Dem Standesamt lagen im Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt des Kindes keine zur Identifizierung der Beteiligten zu 1 und 2 geeigneten Urkunden vor.

Bei den Duldungen handelte es sich nicht um anerkannte Passersatzpapiere im Sinne von § 33 S. 1 Nr. 3 PStV, vgl. § 4 Abs. 1 AufenthV, wobei die darin enthaltenen Daten ohnehin nur auf ihren Angaben beruhten, was die ausstellende Behörde ausdrücklich vermerkt hatte. Insoweit konnte nichts Anderes gelten, als bei einem mit entsprechendem Vermerk ausgestellten Reiseausweis, vgl. § 4 Abs. 6 AufenthV. Den in einem solchen Reiseausweis enthaltenen Personaldaten kommt kein öffentlicher Glaube zu, so dass dieser Passersatz nicht geeignet ist, den Nachweis der Identität seines Inhabers zu erbringen (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 1 W 380/14 - StAZ 2015, 208, 209).

Heimatstaatliche Personenstandsurkunden lagen nicht vor. Danach war es nicht zu beanstanden, dass im Geburtenregister ein die Identität der Beteiligten zu 2 und die Namensführung des Kindes einschränkender Zusatz aufgenommen sowie Angaben zu dem Vater offengelassen worden waren, vgl. § 35 Abs. 1 S. 1 PStV.

Nichts Anderes gilt für die aufgrund des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 22. Juli 2...

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