Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rechtsgrundsatz, dass bei Beurkundungen des Personenstandes zum Identitätsnachweis gegenüber dem Standesbeamten nur ein gültiger oder erst kürzlich abgelaufener Reisepass geeignet ist, besteht nicht.

2. Die Anforderung an den Identitätsnachweis setzt im Zweifelsfalle der Standesbeamte nach Maßgabe des Einzelfalles fest. Dabei ist ein Pass wegen des Lichtbildes, der Registrierung und seiner durch die zeitliche Begrenzung seiner Gültigkeit erzwungenen regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes, jedoch nicht das einzig mögliche Mittel zum Nachweis der Identität. Steht die Identität der Person bereits anderweitig fest, ist die Vorlage des Reisepasses entbehrlich.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 17.06.2004; Aktenzeichen 84 T 145/04)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 70-III 31/03)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

A. Die Beteiligten zu 1) und 2) verlangen die Berichtigung des Geburtseintrages Nr. 4 des Standesamts Mitte von Berlin. Dieser lautet:

"Eine Frau, deren Identität nicht geklärt ist, deren Wohnort unbekannt, hat am 14.10.2002 ... einen Knaben geboren. Das Kind hat noch keinen Vornamen erhalten und noch keinen Familiennamen".

Das AG Schöneberg hat den Standesbeamten mit Beschl. v. 4.2.2004 - 70-III 31/03 - angewiesen, den Eintrag durch Beischreibung folgenden Vermerks zu berichtigen:

"Mutter des Kindes ist I.E., wohnhaft in B., B. Das Kind hat den Vornamen S. erhalten und führt den Familiennahmen E."

Das LG hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) mit Beschl. v. 17.6.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3).

B. Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. §§ 47, 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 PStG i.V.m. §§ 22, 27, 29 FGG zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I. Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt, im Verfahren nach § 25 PStV könne ein Beteiligter, der keine Personenstandsurkunde vorlegen könne, seine Angaben zur Person durch andere öffentliche Urkunden nachweisen, die seine Identität bezeugten. Entsprechend habe die Beteiligte zu 1) durch Vorlage der Identitätskarte für palästinenische Flüchtlinge, ihre Geburtsurkunde sowie die weiteren vorgelegten Urkunden zur Überzeugung der Kammer ihre Identität nachgewiesen.

Die Beteiligte zu 3) ist dem mit dem Argument entgegengetreten, es gebe im Personenstandsrecht bei der Identitätsfeststellung einen allgemeinen "Passvorrang".

II. Die auf Rechtsfehler beschränkte Überprüfung dieser Entscheidung durch den Senat führt nicht zu Beanstandungen.

1. Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass bei Eintragung in das Geburtenbuch der Identitätsnachweis der Beteiligten anders als durch die Vorlage eines Reisepasses geführt werden kann. Bei der Eintragung eines Kindes in das Geburtenbuch trifft den Standesbeamten nach § 20 PStG eine Nachprüfungspflicht nur bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Anzeigenden.

Dabei ist zu unterscheiden:

a) Die nach § 68a PStG, § 25 PStV vorzulegenden Personenstandsurkunden bilden nach § 60 PStG in der Regel eine verlässliche Eintragungsgrundlage, so dass der Standesbeamte nur auftretenden Unstimmigkeiten nachzugehen hat, etwa wegen inhaltlicher Abweichungen zwischen den Angaben in der Anzeige und den vorgelegten Urkunden (Hepting/Gaaz, PStR, § 20 PStG Rz. 9). Bei nicht verheirateten Eltern genügt gem. § 25 S. 1 Nr. 2 PStV zunächst die Vorlage der Geburtsurkunde der Mutter; sind die Zweifel dadurch nicht ausgeräumt, kann der Standesbeamte die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, § 25 S. 3 PStV. Ausländischen Personenstandsurkunden kommt der besondere Beweiswert nach § 60 PStG zwar nicht zu (vgl. § 46a Abs. 2 PStG). Ihre Beweiskraft richtet sich nach den in § 438 ZPO niedergelegten Grundsätzen (§§ 48 Abs. 2 PStG, 12 FGG; Jansen, FGG, § 12 Rz. 29, und EinlBeurkG, Rz. 50; Hepting/Gaaz, PStG, § 66 Rz. 14). Danach können Zweifel an der Echtheit insb. durch Legalisation ausgeräumt werden.

b) Die Zweifel des Standesbeamten können sich aber auch auf die Identität der Beteiligten beziehen. Bei der Vorlage von Personenstandsurkunden geht es dann um die Frage, ob diese den namentlich bezeichneten Personen zuzuordnen sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie der Nachweis der Identität zu erfolgen hat.

aa) § 11 Abs. 2 PStV betrifft nur Eheschließung und Heiratsbuch und in diesem Zusammenhang den Nachweis der Staatsangehörigkeit. Mittelbar betrifft er auch die Eintragung im Geburtenbuch, wenn es auf die Staatsangehörigkeit ankommt.

bb) Allgemein ist ein Pass wegen des Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner durch die zeitliche Begrenzung seiner Gültigkeit erzwungenen regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität. Seine Vorlage ist erforderlich, wenn Zweifel des Standesbeamten nicht anders behoben werden können. Allerdings exis...

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