Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung der bestimmungswidrigen Nutzung des Sondereigentums

 

Leitsatz (amtlich)

1. Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, daß jeder andere Wohnungseigentümer eine Nutzung des Sondereigentums unterläßt, die einer in der Teilungserklärung oder einer Vereinbarung enthaltenen Gebrauchsregelung nicht entspricht.

2. Dieser Unterlassungsanspruch ist als schikanöses Verlangen nach § 242 BGB nur dann unbegründet, wenn auszuschließen ist, daß von der bestimmungswidrigen Nutzung eine stärkere Störung ausgeht, als sie von der bestimmungsgemäßen Nutzung üblicherweise verursacht wird.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 1, 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 29.11.1989; Aktenzeichen 191 T 110/88)

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 352/86)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 29. November 1989 – 191 T 110/88 (WEG) – wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000,– DM.

 

Gründe

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Dem Antragsgegner gehört die im Erdgeschoß belegene Wohnung Nr. 1. Er hat die Wohnung an einen eingetragenen Verein vermietet, der dort einen „Schülerladen” betreibt, in dem zehn bis zwölf Schülerder Grundschule wochentags von ca. 12.00 bis 16.00 Uhr betreut werden. Nach § 7 der Teilungserklärung vom 27. Januar 1982 (UR-Nr. 71/1982 des Notars H. K. in Berlin) dürfen Wohnungen nur zu Wohnzwecken benutzt werden. Eine anderweitige Nutzung ist nur mit Zustimmung des Verwalters zulässig. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat es mit Mehrheitsbeschluß vom 14. April 1989 abgelehnt, den Verwalter zu bevollmächtigen, „die Zustimmung zur Nutzung der Wohnung Nr. 1 zu gewerblichen Zwecken in Form des bestehenden Kinderladens zu erteilen”.

Das Amtsgericht hat mit seinem Beschluß vom 4. März 1988 den Antragsgegner verpflichtet, den mit dem eingetragenen Verein bestehenden Mietvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Das Landgericht hat mit seinem Beschluß vom 29. November 1989 die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch zu, es zu unterlassen, in seiner Eigentumswohnung einen „Schülerladen” zu betreiben. Das hat das Landgericht im Ergebnis rechtsfehlerfrei entschieden.

1. Das Landgericht stützt den Unterlassungsanspruch auf § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 13 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG und § 7 der Teilungserklärung. Auf dieser Grundlage wäre der Anspruch allerdings nur dann begründet, wenn festgestellt wird, daß der Antragsgegner das Eigentum des Antragstellers stört. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn nach § 15 Abs. 1 WEGdurch eine Vereinbarung oder – wie hier – durch die ihr gleichstehende Teilungserklärung für das Sondereigentum eine Gebrauchsregelung getroffen ist. In diesem Fall kann jeder einzelne Wohnungseigentümer (Senatsbeschluß vom 14. März 1990 – 24 W 6087/89 – WuM 1990, 317 = ZMR 1990, 307) nach § 15 Abs. 3 verlangen, daß jeder andere Wohnungseigentümer eine Nutzung seines Sondereigentums unterläßt, die der durch die Teilungserklärung bestimmten Gebrauchsregelung nicht entspricht (Senatsbeschluß vom 9. Juli 1986 – 24 W 2741/86 – ZMR 1986, 449 = NJW – RR 1986, 1072 für die Unterlassung eines Bordellbetriebes; Senatsbeschluß vom 6. März 1985 – 24 W 3538/84 – MDR 1985, 675 = ZMR 1985, 207 für den Unterlassungsanspruch, ein Restaurant zu betreiben). In solchem Fall ist das Begehren, die der Gebrauchsregelung nicht entsprechende Nutzung zu unterlassen, als schikanöses Verlangen nach § 242 BGB nur dann unbegründet, wenn es auszuschließen ist, daß von der bestimmungswidrigen Nutzung eine Störung ausgeht, die das Maß der von der bestimmungsmäßigen Nutzung üblicherweise verursachten Störung übersteigt (vgl. Senatsbeschluß vom 13. November 1989 – 24 W 1599/89 – betreffend eine Koranschule).

2. Hiernach ist der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet.

a) Die Nutzung der dem Antragsgegner gehörenden Eigentumswohnung Nr. 1 als „Schülerladen” widerspricht der in § 7 der Teilungserklärung getroffenen Zweckbestimmung. Denn dort heißt es ausdrücklich, daß Wohnungen „nur zu Wohnzwecken” benutzt werden dürfen. Es ist offensichtlich, daß die von dem Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellte Nutzung der Wohnung als „Schülerladen” keine Benutzung „zu Wohnzwecken” darstellt. Im Sinne der Teilungserklärung ist sie damit als eine gewerbliche Nutzung anzusehen, die nur mit der Zustimmung das Verwalters zulässig ist. Eine solche Genehmigung hat der Verwalter hier jedoch nicht erteilt.

b) Der so begründete Unterlassu...

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