Leitsatz (amtlich)

Die Möglichkeit der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe in Russland begründet grundsätzlich kein Auslieferungshindernis, da die Russische Föderation über ein verfassungs- und menschenrechtlichen Anforderungen genügendes Verfahren der Aussetzung einer lebenslangen Freiheitsstrafe verfügt.

 

Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung wegen der in dem Auslieferungsersuchen der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 29. März 2018 - 81/3-199-2018 - bezeichneten Tat wird für zulässig erklärt.

2. Die Auslieferungshaft dauert fort.

3. Die Bestellung von Rechtsanwalt H aus U. zum Beistand wird aufgehoben, da der Verfolgte mit Rechtsanwalt M aus B. einen anderen Beistand gewählt und dieser die Wahl angenommen hat (§§ 40 Abs. 3 IRG, 143 StPO).

 

Gründe

Die russischen Behörden haben zunächst über die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) um die Festnahme und Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafverfolgung ersucht. Der Verfolgte ist am 1. März 2018 gemäß § 19 IRG vorläufig festgenommen worden. Bei seiner am folgenden Tag nach § 22 IRG durchgeführten richterlichen Anhörung hat er Einwendungen gegen seine Auslieferung erhoben, sich mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41 IRG) nicht einverstanden erklärt und auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes (Art. 14 EuAlÜbk) nicht verzichtet. Der Senat hat mit Beschluss vom 7. März 2018 gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft nach §§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG i.V. mit Art. 16 Abs. 1 EuAlÜbk und nach Eingang des förmlichen Auslieferungsersuchens am 5. April 2018 die Fortdauer der vorläufigen Auslieferungshaft als Auslieferungshaft angeordnet.

In seiner richterlichen Anhörung nach § 28 IRG am 25. April 2018 hat der Verfolgte erneut Einwendungen gegen seine Auslieferung erhoben, sich wiederum nicht mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt und nicht auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes verzichtet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Auslieferung für zulässig zu erklären (§ 29 Abs. 1 IRG). Der Senat entscheidet antragsgemäß.

1. Das auf justizministeriellem Weg (Art. 5 des 2. Zusatzprotokolls zum EuAlÜbk) übermittelte Auslieferungsersuchen der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 29. März 2018 - 81/3-199-2018 - entspricht den Anforderungen des Art. 12 EuAlÜbk. Es beinhaltet unter anderem eine Abschrift der anwendbaren Bestimmungen des russischen Strafgesetzbuches, eine beglaubigte Abschrift der Haftanordnung des Bezirksgerichts T. der Stadt M. vom 17. Januar 2018 sowie polizeiliche Unterlagen zu dem gegen den Verfolgten erhobenen Vorwurf. Danach wird dem Verfolgten zur Last gelegt, sich mit den gesondert Verfolgten A, K und H sowie weiteren nicht festgestellten Personen zu einer organisierten Gruppe zusammengeschlossen zu haben, deren Zweck der Schmuggel von Kokain aus Argentinien in die Russische Föderation und dessen Verkauf gewesen sein soll. Der Verfolgte, A und eine weitere Person sollen vor dem 15. Juli 2016 insgesamt 362.174,64 Gramm Kokain erworben und in zwölf Reisekoffern versteckt in den Schul- und Wohngebäudekomplex bei der russischen Botschaft in Argentinien verbracht haben, wo die Koffer für die Versendung in die Russische Föderation vorbereitet worden sein sollen. Der Verfolgte soll des Weiteren die gesondert Verfolgten K und H im Rahmen der kriminellen Gruppierung beauftragt haben, den Transportflug in die Russische Föderation zu finanzieren sowie das Kokain nach dem Eintreffen in Russland abzuholen und zum Zwecke des Weiterverkaufs zu lagern.

Die Durchführung des Plans des Verfolgten und seiner Mittäter soll dadurch gescheitert sein, dass die zwölf Koffer am 8. Dezember 2016 in einem Nebenraum des Schul- und Wohngebäudekomplexes bei der Botschaft durch Mitarbeiter der Botschaft sowie Beamte des russischen Föderalen Sicherheitsdienstes und der argentinischen Nationalen Gendarmerie aufgefunden wurden. Die Koffer sollen sodann am 7. Dezember 2017 im Rahmen eines von den Sicherheitsbehörden kontrollierten Transports in die Russische Föderation geflogen worden sein, wo sie von K und H entsprechend ihrem Auftrag in Empfang genommen worden sein sollen.

2. Die Auslieferung des Verfolgten ist zulässig. Bei der ihm zur Last gelegten Tat handelt es sich sowohl nach dem Strafrecht des ersuchenden Staates (Art. 228.1 Abs. 5, 229.1 Abs. 4 lit. a und b, 30 Abs. 3 des russischen Strafgesetzbuches) als auch nach deutschem Strafrecht (§ 30a Abs. 1 BtMG) um eine auslieferungsfähige strafbare Handlung, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 EuAlÜbk).

Hindernisse, die der Auslieferung des Verfolgten entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

a) Die Haftbedingungen in den Haftanstalten der Russischen Föderation hindern die Auslieferung nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation hat im Auslieferungsersuchen vom 2...

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