3.1 Bis wann muss der Mieter die Minderung geltend machen?

Die naheliegende Frage, wie lange der Mieter nunmehr Zeit hat, eine Mietminderung geltend zu machen, hat allerdings nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch der BGH offengelassen und die Entscheidung an die Instanzgerichte verwiesen. Insofern hat der BGH in dieser Entscheidung, in der es um Minderungsansprüche wegen laufenden Lärms aus der Nachbarwohnung ging, lediglich darauf hingewiesen, dass sich der Mieter nicht unbegrenzt lange Zeit lassen kann, da er seine Rechte auch durch stillschweigenden Verzicht oder durch Verwirkung verlieren kann. Zur Klärung der Frage, wann dies der Fall ist, werden daher die instanzgerichtlichen Entscheidungen abgewartet werden müssen.

 
Praxis-Beispiel

Zeitraum der Mängelanzeige

Nach einem Urteil des LG Berlin vom 9.3.2004[1] hat der Mieter Minderungsansprüche auch dann noch nicht verwirkt, wenn er den Mangel stillschweigend über einen Zeitraum von 8 1/2 Monaten hingenommen hat.

 
Hinweis

Verzicht durch Nachzahlung

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf[2] verzichtet der Mieter jedenfalls dann auf seine Rechte sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft, wenn er die infolge der Mietminderung aufgelaufenen Mietrückstände nachzahlt.

Vor dem 1.9.2001 geschlossene Verträge

Die neue Rechtslage gilt auch für Mietverträge, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind. Nur hinsichtlich der bis zum 1.9.2001 fällig gewordenen Mieten verbleibt es beim Rechtsverlust, d. h. Minderungsrechte des Mieters, die aufgrund der alten Rechtsprechung bereits am 1.9.2001 verwirkt waren, leben durch das neue Urteil nicht wieder auf.[3]

[1] 64 S 148/03, NJOZ 2004 S. 2873.
[2] Urteil v. 6.5.2003, 24 U 99/02, GE 2003 S. 878.
[3] BGH, a. a. O..

3.2 Wiederaufleben des Minderungsrechts

Hat der Mieter seine Rechte verloren, ist strittig, ob eine Mieterhöhung zum Wiederaufleben des Minderungsrechts führt. Nach einem Urteil des LG München I vom 26.9.2002[1] lebt das Minderungsrecht des Mieters nicht wieder auf. Dies käme nur dann in Betracht, wenn durch die Mieterhöhung eine wesentliche Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zwischen der Leistung des Vermieters und der Leistung des Mieters (Mietzahlung) eintreten würde.[2]

Durch eine Mieterhöhung nach § 558 BGB[3] tritt eine solche Äquivalenzverschiebung jedoch nicht ein, da eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nur den Zweck verfolgt, eine Angleichung der Miete an das veränderte Marktniveau herbeizuführen, nicht aber dazu dient, das Äquivalenzverhältnis zu verschieben.[4]

Dagegen soll das Minderungsrecht nach anderen Urteilen (begrenzt auf den Umfang der Erhöhung) wieder aufleben, wenn der Vorbehalt unverzüglich nach dem Wirksamwerden der Erhöhung erklärt wird.[5]

Dies gilt auch bei einer Mieterhöhung aufgrund einer Indexklausel, ferner dann, wenn sich der Mangel erheblich verstärkt.[6]

[1] 31 S 2680/02, NZM 2002 S. 986.
[2] So BGH, Urteil v. 21.12.1960, VIII ZR 214/59, MDR 1961 S. 683.
[3] Vor 1.9.2001: § 2 MHG.

3.3 Liegt ein Vorbehalt vor?

Für die Annahme eines Vorbehalts kann es ausreichen, wenn der Mieter wegen des Mangels eine Mietminderung mehrmals und deutlich androht.[1] Dagegen stellt die Mängelanzeige allein oder wiederholt vorgetragene Beanstandungen grundsätzlich keinen wirksamen Vorbehalt dar.[2]

 
Hinweis

Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien

Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn der Mieter aufgrund von Verhandlungen mit dem Vermieter sowie dessen Erklärungen mit einer baldigen Beseitigung des Mangels rechnen durfte und die Zahlungen in dieser dem Vermieter bekannten Erwartung leistete.[3] Jedoch kann auch im Fall der Reparaturzusage durch den Vermieter die vorbehaltlose Weiterzahlung über einen längeren Zeitraum als Verzicht des Mieters gewertet werden.

Eine vorbehaltlose Mietzahlung liegt auch vor, wenn der Mieter von seinem Recht zum Widerruf der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch macht und den Bankeinzug duldet.[4]

Zahlt der Mieter "unter Vorbehalt" bzw. leistet der Mieter wegen Mängel der Wohnung nur eine geminderte Miete, kann ein Gericht im Streitfall jedoch auch eine höhere Minderungsquote zusprechen.[5]

Zahlt der Mieter trotz Kenntnis eines während der Mietzeit aufgetretenen Mangels die Miete über einen gewissen Zeitraum vorbehaltlos weiter, kann er analog § 539 BGB a. F. auch sein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB verlieren.[6]

[2] LG Berlin, a. a. O.; OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.12.1986, 10 U 112/86, ZMR 1987 S. 329.
[3] OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.4.1995, 10 U 137/94, WuM 1995 S. 435; vgl. auch BGH, WPM 1973 S. 146.

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