Rz. 3

Während der Wortlaut des § 890 Abs. 1 BGB nur die Vereinigung zweier oder mehrerer Grundstücke anspricht, haben Literatur und Rechtsprechung die Möglichkeiten der Vereinigung darüber hinaus noch erheblich ausgeweitet. Es sind folgende Fälle denkbar:[7]

 

Rz. 4

Grundstück mit Grundstück: Die Vereinigung ist der Regelfall des § 890 Abs. 1 BGB. Besteht ein Grundstück aus mehreren Flurstücken und soll nur eines davon mit einem anderen Grundstück vereinigt werden, muss eine Teilung nach § 7 GBO vorausgehen.[8]

 

Rz. 5

Zuflurstück mit Grundstück: Das Zuflurstück (zum Begriff siehe § 2 Rdn 6) gilt nur für die Anwendung des § 890 BGB als selbstständiges Grundstück;[9] Vereinigung ist somit möglich.[10]

 

Rz. 6

Zuflurstück mit Zuflurstück: Zulässig, aus den oben genannten Gründen (siehe Rdn 5).

 

Rz. 7

Grundstücksgleiches Recht mit grundstücksgleichem Recht: Grundstücksgleiche Rechte können, da sie rechtlich den Grundstücken gleichgestellt sind, wie Grundstücke miteinander vereinigt werden, sofern sie gleichartig sind.[11] Beschränkungen bestehen beim Bergwerkseigentum, vgl. §§ 24 ff. sowie §§ 151, 154 BBergG.

 

Rz. 8

Grundstücksgleiches Recht mit Grundstück: Vereinigung ist zulässig, weil grundstücksgleiche Rechte dem Grundstück gleich behandelt werden.[12] Dies gilt jedoch nicht für die Vereinigung des Erbbaurechts mit dem durch des belasteten Grundstück; diese ist unzulässig.[13] Unzulässig ist ebenso die Vereinigung von selbstständigem Gebäudeeigentum mit dem belasteten Grundstück (zulässig aber die Bestandteilszuschreibung des Grundstücks an das Gebäude, dazu § 6 GBO Rdn 8).[14] Unzulässig ist die Vereinigung des Grundstücks mit dem selbstständigen Bergwerkseigentum (§ 9 Abs. 2 BBergG).

 

Rz. 9

Wohnungseigentum mit Wohnungseigentum:[15]

Die Vereinigung ist zulässig, wenn

die Berechtigungen an demselben Grundstück bestehen,
demselben Wohnungseigentümer gehören und
die vom nunmehr einheitlichen Sondereigentum umfassten Räume in sich abgeschlossen sind, also eine Bescheinigung nach §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG vorgelegt wird.[16]
 

Rz. 10

Wohnungseigentum mit Grundstück: Auch hierfür kann zur Erhöhung von Beleihungs- und Verkehrsfähigkeit ein wirtschaftliches Bedürfnis bestehen. Trotzdem ist die Zulässigkeit umstritten.[17] Bedenken dagegen dürften nicht bestehen, weil der sonst gegen die Vereinigung von Miteigentumsanteilen mit Grundstücken sprechende Grund der fehlenden Buchungsmöglichkeit nicht gegeben ist, da für den mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteil ein eigenes Grundbuchblatt anzulegen ist. Das Argument, der mit Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil sei kein grundstücksgleiches Recht, erschöpft die Problematik nicht. Das Wohnungseigentum ist ein dingliches Recht eigener Art, das durch die Buchung auf einem eigenen Blatt dem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht in vielem gleichsteht und deshalb auch in vielfältiger Hinsicht gleich behandelt wird. Eine Parallele zum gewöhnlichen Miteigentumsanteil kann nicht gezogen werden, weil Ausgestaltung und Bedeutung der beiden Rechte völlig verschieden sind.[18]

 

Rz. 11

Miteigentumsanteil mit Miteigentumsanteilen oder Grundstücken: Ideelle Miteigentumsanteile sind einer Vereinigung nicht zugänglich.[19] Die Vereinigung eines Miteigentumsanteils mit einem Grundstück wäre zwar materiell-rechtlich nicht undenkbar, scheitert aber daran, dass der Miteigentumsanteil regelmäßig nicht selbstständig gebucht werden kann. Im Falle des § 3 Abs. 5 GBO hat das Gesetz, obwohl es diesen Fall eingehend behandelt, die Vereinigung nicht erwähnt, sie muss deshalb als unzulässig angesehen werden.[20]

[7] Siehe auch Hügel/Kral, § 5 Rn 9 ff.
[8] Meikel/Böttcher, § 5 Rn 3; Demharter, § 5 Rn 3; Hügel/Kral, § 5 Rn 9; Lemke/Schneider, § 5 Rn 8.
[9] BGH DNotZ 1954, 197; BayObLGZ 1957, 356 = DNotZ 1958, 388; BayObLG Rpfleger 1974, 148; BayObLG NJW-RR 1991, 465.
[10] Zu der grundbuchmäßigen Behandlung siehe GBV § 13 Rn 5.
[11] Meikel/Böttcher, § 5 Rn 11; zur Vereinigung v. Erbbaurechten vgl. BayObLGZ 1995, 397 (= gleiche Laufzeit!).
[12] Meikel/Böttcher, § 5 Rn 5; v. Oefele/Winkler, Rn 5.175; sehr kritisch Staudinger/Gursky, § 890 Rn 19; Lemke/Schneider, § 5 Rn 17, 18.
[13] Meikel/Böttcher, § 5 Rn 7.
[14] OLG Jena Rpfleger 1998, 195; nach LG Mühlhausen, Rpfleger 1998, 196, soll Gebäudeeigentum dem Grundstück zugeschrieben werden können; eingehend Meikel/Böhringer, Einl. K Rn 221; Schöner/Stöber, Rn 697a.
[15] Eingehend Lemke/Schneider, § 5 Rn 28 ff.; zur einheitlichen Belastung mit Vorkaufsrecht und Reallast OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.12.2020 – 3 Wx 200/19, juris.
[16] Meikel/Böttcher, § 5 Rn 12 ff.; zur Streitfrage Rn 15; Röll, Rpfleger 1976, 283; a.A. BayObLG 1971, 107, 246; KG Rpfleger 1989, 500. OLG Hamburg DNotZ-Rep.2004, 122; Demharter, § 5 Rn 5; originell, weil mit völlig anderem Ansatz Streuer, Rpfleger 1992, 181, 184.
[17] Bejahend: BayObLG Rpfleger 1994, 108; Meikel/Böttcher, § 5 Rn 8; Demharter, § 5 Rn 5; Bauer/Schaub/Waldner, §§ 5, 6 Rn 17; Bärmann/Armbrüster, § 1 WEG Rn 103; Sch...

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