Rz. 124

Der Fortbestand des testamentarischen Erbrechts aus einem gemeinschaftlichen Testament/Erbvertrag trotz vorsorglicher Verwirkungsklausel (Pflichtteilsstrafklausel) kann durch eine vor dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung nachgewiesen werden, wonach nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht wurden.[232] Diese Versicherung ist nicht nur vom Antragsteller selbst abzugeben, sondern auch von den (Ersatz-)Erben, die bei Anwendung der Verwirkungsklausel begünstigt würden.[233] Weitere Nachweise würde dann auch das Nachlassgericht nicht verlangen;[234] ein Erbschein ist darüber hinaus nicht erforderlich.[235] Privatschriftliche Erklärungen der Miterben genügen hingegen nicht.[236]

Auch bei einer Wiederverheiratungsklausel genügt eine eidesstattliche Versicherung über die Nicht-Heirat.[237]

Andererseits genügt die eidesstattliche Versicherung über die Geltendmachung des Pflichtteils nicht, um positiv die Erbquotenerhöhung anderer Miterben gegenüber dem GBA nachzuweisen; ein Erbschein kann (oder muss) verlangt werden.[238] Das GBA muss aber den Eintritt der Bedingung "Geltendmachung des Pflichtteils" selbstständig mit Folgeanwendung des notariellen Erbvertrags beachten, wenn sich dieser aus einer notariellen Pflichtteilserfüllungsurkunde ergibt.[239]

 

Rz. 125

Bei der Verwirkung einer Schlusserbeinsetzung auch für den Fall der "Anfechtung" genügt eine eidesstattliche Erklärung über den Bedingungsausfall nicht. Wegen der Auslegungsunsicherheit kann das GBA auf Vorlage eines Erbscheins bestehen.[240]

 

Rz. 126

Fehlt lediglich der urkundliche Nachweis, dass aus der Ehe keine weiteren Kinder hervorgegangen sind, so genügt zum Nachweis die eidesstattliche Versicherung des überlebenden Ehegatten.[241] Die Versicherung des Kindes selbst genügt allenfalls nach Ableben beider Elternteile. Wird eine solche eidesstattliche Versicherung vorgelegt, so darf das GBA diese eidesstattliche Versicherung nicht von vornherein als unbeachtlich zurückweisen. Ein Erbschein darf nur dann verlangt werden, wenn noch Zweifel verbleiben, die über die abstrakte Möglichkeit eines anderen Sachverhalts hinausgehen.[242] Dies gilt auch für den im Testament offen gebliebenen Nachweis der Vererblichkeit des Nacherbenrechts.[243]

[232] LG Bochum Rpfleger 1992, 194; OLG Hamm FGPrax 2011, 169; OLG Hamm RNotZ 2016, 131; offengel. v. OLG Köln FGPrax 2010, 82 (aber eidesstattliche Versicherung mindestens erforderlich); OLG Braunschweig, DNotZ 2013, 125; KG NJW-RR 2012, 847; OLG Bremen BeckRS 2014, 09322; OLG München DNotZ 2013, 440; LG Köln MittRhNotK 1988, 177.
[233] So ausdrücklich: OLG Frankfurt Rpfleger 2013, 445 (eidesstattliche Versicherung aller Schlusserben).
[234] OLG Braunschweig DNotZ 2013, 125; KG NJW-RR 2012, 847.
[235] Anders noch: KEHE/Volmer, § 35 GBR Rn 87 (8. Aufl.); OLG Frankfurt Rpfleger 1994, 206; Böhringer, BWNotZ 1988, 155.
[236] OLG Hamm RNotZ 2016, 131.
[237] LG Bochum Rpfleger 1987, 197; OLG Zweibrücken FGPrax 2011, 176.
[240] OLG Saarbrücken NJW-RR 2022, 243.
[241] Vgl. dazu: OLG Frankfurt DNotZ 2021, 977; BayObLG Rpfleger 1974, 435 m. Anm. Ockelmann; OLG Frankfurt Rpfleger 1980, 434 m.w.N.; abl. zu dieser Entscheidung: Meyer-Stolte, Rpfleger 1980, 434; OLG Zweibrücken DNotZ 1986, 240; OLG Hamm FGPrax 1997, 48.
[242] OLG Hamm Rpfleger 1997, 210 m.w.N.; BayObLG Rpfleger 1983, 104; OLG Stuttgart Rpfleger 1992, 154; OLG Hamm RNotZ 2013, 633.
[243] OLG Oldenburg Rpfleger 1989, 106.

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