Rz. 109

Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die Verfügungsbeschränkung außerhalb des Grundbuchs entstanden, aber nicht eingetragen ist, was bspw. bei einer Nacherbfolge (§§ 2100, 2113 f. BGB, siehe § 6 Einl. Rdn 91), insbesondere auch im Fall der Surrogation nach § 2111 Abs. 1 S. 1 Var. 3 BGB der Fall ist (z.B. wird bei Veräußerung eines der Nacherbfolge unterliegenden Nachlassgrundstücks auch eine Kaufgeldhypothek von der Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB erfasst[259]). Gleiches gilt für die Pfändung des Nacherbenanwartschaftsrechts;[260] ein wirksam bestelltes Pfandrecht am Erbanteil,[261] die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder ein relatives Veräußerungsverbot nach den §§ 135, 136 BGB[262] (siehe § 6 Einl. Rdn 92, 93), insbesondere die Anordnung der Zwangsversteigerung (§ 23 ZVG).

 

Rz. 110

Zur Unrichtigkeit führt auch eine Eintragung einer Verfügungsbeschränkung, die jedoch nie entstanden ist, z.B. die Verlautbarung eines Nacherben- oder Testamentsvollstreckungsvermerks, obgleich die vermeintlich die Nacherbfolge bzw. Testamentsvollstreckung anordnende letztwillige Verfügung nichtig oder widerrufen ist.

 

Rz. 111

Ebenfalls eine Unrichtigkeit des Grundbuchs bewirkt die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung mit einem falschem Inhalt, z.B. eine Untersagung aufgrund einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich jeder Verfügung über das betroffene Grundstück, wobei im Grundbuch nur ein "Belastungsverbot" verlautbart wird.

 

Rz. 112

Ferner handelt es sich um eine Grundbuchunrichtigkeit, wenn die eingetragene Verfügungsbeschränkung bereits außerhalb des Grundbuchs erloschen ist, wie dies z.B. beim Tod des Testamentsvollstreckers oder der Niederlegung seines Amtes der Fall ist, wenn der Erblasser für diese Fälle keine Ersatzbestimmung getroffen hat.[263] In gleicher Weise ist der Fall zu behandeln, dass die Aufgaben des Testamentsvollstreckers bereits vollständig ausgeführt sind[264] oder der betreffende Grundbesitz durch ihn freigegeben wurde (§ 2217 BGB).[265] Kam es zu einer entgeltlichen Verfügung des befreiten Vorerben (siehe dazu Rdn 124),[266] ist das Grundbuch ebenso unrichtig wie bei einer Aufhebung der der Eintragung zugrunde liegenden einstweiligen Verfügung (vgl. § 25 GBO Rdn 20). Zur Löschung eines Verfügungsverbots nach dem Militärregierungsgesetz Nr. 52[267] bedarf es der Zustimmung des zuständigen Amtes für Wiedergutmachung, so dass eine Löschung ohne diese Zustimmung ebenfalls eine Grundbuchunrichtigkeit bewirkt.[268] Rechtsgeschäftlich bestellte Veräußerungsbeschränkungen nach § 12 WEG entstehen und erlöschen allein mit der jeweiligen Eintragung im Grundbuch,[269] können also gerade nicht außerhalb des Grundbuchs verändert werden, so dass eine Unrichtigkeit des Grundbuchs insoweit ausgeschlossen ist.

 

Rz. 113

Ebenfalls von § 22 GBO erfasst wird eine Löschung einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch, die zu Unrecht erfolgt, wie dies z.B. bei der Löschung eines Nacherbenvermerks auf Bewilligung eines Nacherben gegeben ist, falls die weiteren Nacherben und/oder Ersatznacherben der Löschung nicht zugestimmt haben (vgl. § 19 GBO Rdn 54 f.).

[259] KG OLGZ 40, 122, 125.
[260] RGZ 83, 434, 438.
[261] RGZ 84, 395, 399; 90, 232, 235 ff.
[262] Siehe zu diesen ausführlich: Soergel/Meier, BGB, § 135 Rn 25 ff.
[263] RGZ 156, 70, 76; OLG Hamm Rpfleger 1958, 15, 16 m. zust. Anm. Haegele; OLG München Rpfleger 2005, 661 = MittBayNot 2006, 427.
[264] OLG München Rpfleger 2005, 661; OLG Düsseldorf BeckRS 2018, 22623; siehe zur Möglichkeit des Nachweises durch eine entsprechende Entscheidung des Nachlassgerichts: KG ZEV 2023, 91, 92 sowie durch eine entsprechende Eintragung auf dem Testamentsvollstreckerzeugnis: OLG München NJW-RR 2020, 1210 und für die Erkenntnis der Beendigung aufgrund der Erledigung aller Aufgaben: OLG Saarbrücken FGPrax 2020, 27 und OLG München DNotZ 2020, 41. Ebenso soll eine gesiegelte Bescheinigung des Nachlassgerichts ausreichen: OLG Karlsruhe RNotZ 2023, 97, 100. Ebenfalls soll eine eidesstattliche Versicherung des Vermächtnisnehmers genügen, dass er das Vermächtnis nicht angenommen und ausgeschlagen hat: OLG Nürnberg DNotZ 2021, 522, 523 ff.
[265] OLG München Rpfleger 2005, 661: Das GBA hat diese Umstände selbstständig zu prüfen, es ist insoweit nicht an den Inhalt des Erbscheins oder des Testamentsvollstreckerzeugnisses gebunden.
[266] BayObLG Rpfleger 1988, 525 = DNotZ 1989, 182; OLG München FGPrax 2005, 239; DNotZ 2005, 697; OLG Hamm OLGZ 137, 140.
[267] Hierzu: Haegele, Rpfleger 1949, 248.
[268] LG Trier Rpfleger 2005, 138.
[269] OLG Saarbrücken BeckRS 2018, 18094.

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