Rz. 94

Insolvenz (§§ 80 ff. InsO), Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB), Testamentsvollstreckung (§§ 2197 ff. BGB), Entziehung des Verfügungsrechts des Vorerben (§ 2129 BGB) haben als Verfügungsentziehungen[235] folgende Gemeinsamkeiten:

Es handelt sich für den Inhaber der entsprechenden dinglichen Rechte um absolute Verfügungsverbote.[236]
Während ihrer Dauer ist dem Rechtsinhaber die Verfügungs- und damit auch die Bewilligungsbefugnis entzogen und einem Verwalter kraft Amtes übertragen. Sie sind vom GBA zu prüfen.[237] Die Bewilligung des Rechtsinhabers ist in diesen Fällen die eines Nichtberechtigten (vgl. Rdn 51), die gem. § 185 BGB wirksam sein oder werden kann. Die Bewilligung bleibt unter den Voraussetzungen des § 878 BGB (siehe Rdn 77) wirksam und ist dann einzutragen.
Die Verfügungsentziehungen sind eintragungsfähig und -pflichtig als Schutz gegen gutgläubigen Erwerb Dritter. Ist im Grundbuch ein Insolvenzvermerk auf Ersuchen des Insolvenzgerichts gelöscht worden, besteht für das GBA grundsätzlich kein Anlass mehr, an der Verfügungsbefugnis und der daraus folgenden Bewilligungsbefugnis des eingetragenen Eigentümers zu zweifeln.[238]
Die Entziehung der Verfügungs- und damit auch der Bewilligungsbefugnis tritt außerhalb des Grundbuchs ein, nicht erst mit Einlauf des Ersuchens beim GBA und nicht mit Eintragung des Vermerks. Sie müssen deshalb vom GBA beachtet werden, wenn es davon Kenntnis hat, unabhängig davon, ob sie auch dem durch die Bewilligung Begünstigten bekannt sind.
Mit Beendigung der Verfügungsentziehung entfällt die Verfügungs- und Bewilligungsbefugnis des Verwalters und geht wieder auf den Rechtsinhaber über. Für die Grundbucheintragung genügt von da an die Bewilligung des Verwalters nicht mehr; sie darf nur aufgrund einer neuen Bewilligung des Rechtsinhabers oder dessen Zustimmung zur Bewilligung des Verwalters vollzogen werden. § 878 BGB ist auf den Wegfall der Bewilligungsbefugnis in diesen Fällen nicht analog anzuwenden.[239]
[235] Vgl. Böttcher, Rpfleger 1983, 187; Meikel/Böttcher, Anh. zu § 19 Rn 60 ff.
[236] Siehe auch: RG RGZ 157, 295; BGH BGHZ 46, 229.
[237] KG FGPrax 2012, 8; BayObLG Rpfleger 1986, 470; BayObLG Rpfleger 1989, 200.
[239] OLG Köln FGPrax 2020, 35 m. Anm. Reimann; OLG Celle NJW 1953, 945; OLG Köln MittRhNotK 1981, 139 f; offen: BayObLG NJW-RR 1999, 1463, 1464; a.A. OLG Brandenburg VIZ 1995, 365; MüKo-BGB/Lettmaier, § 878 Rn 20; Kesseler, RNotZ 2013, 480; unentschieden: Demharter, § 19 Rn 62.

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