Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters kann die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Bestellungsurkunde ausreichend sein, wenn ein Notar zeitnah zu einer beantragten Grundbucheintragung bestätigt, dass die Urschrift bei Abgabe der zur Eintragung erforderlichen Grundbucherklärung - hier Bewilligung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung - vorgelegen hat. Eine bei Eingang des ansonsten vollzugsreifen Eintragungsantrags zwölf Tage alte notarielle Bescheinigung genügt zum Nachweis der Verfügungsbefugnis, wenn der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Vorlage der Urschrift bei dem Notar bereits mehr als ein Jahr im Amt gewesen ist.

 

Normenkette

GBO §§ 19, 29; InsO § 56 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Aktenzeichen 145 LS 2984-15)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. ist zu ½ als Eigentümerin in dem im Beschlusseingang näher bezeichneten Wohnungsgrundbuch eingetragen. Zur anderen Hälfte ist ihr verstorbener Ehemann gebucht. Über dessen Nachlass wurde am 26.8.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Seit dem 28.1.2011 ist in Abt. II lfd. Nr. 4 insoweit ein Insolvenzvermerk eingetragen.

Zur UR-Nr. 147/2011 des Notars Dr. ....in Berlin veräußerte die Beteiligte zu 1 das Wohnungseigentum an die Beteiligten zu 3 und 4. Dabei gab sie die erforderlichen Erklärungen nicht nur im eigenen, sondern auch als vollmachtlose Vertreterin des Beteiligten zu 2 in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter über den Nachlass ihres verstorbenen Ehemanns ab. Der Beteiligte zu 2 genehmigte die Erklärungen der Beteiligten zu 1 am 7.9.2011 - UR-Nr. ...des Notars Dr. ....in Berlin. Der Notar bestätigte zugleich, dass der Beteiligte zu 2 die Urschrift der Bestellungsurkunde des Insolvenzgerichts vorgelegt habe, wovon der Notar eine beglaubigte Abschrift seiner Urkunde beifügte.

Mit Schreiben vom 16.9.2011, das am 20.9.2011 bei dem Grundbuchamt einging, hat Notar...unter Vorlage u.a. der zuvor aufgeführten Urkunden beantragt, zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 21.9.2011 u.a. den Nachweis der Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 2 erfordert durch Vorlage der Bestallungsurkunde im Original oder durch notarielle Bestätigung, dass die Bestallungsurkunde am 20.9.2011 vorgelegen habe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2 vom 25.10.2011, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 28.10.2011 nicht abgeholfen hat.

Am 9.11.2011 ging bei dem Grundbuchamt die Erklärung des Notars Dr. ....ein, er habe durch Einsichtnahme in die Insolvenzakten festgestellt, der Beteiligte zu 2 sei auch am 20.9.2011 noch als Insolvenzverwalter bestellt gewesen.

II. Die gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht.

Die Eintragung einer Vormerkung, § 883 Abs. 1 BGB, erfolgt auf Antrag, § 13 GBO, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird, § 19 GBO. Das ist bei der Auflassungsvormerkung regelmäßig der eingetragene Eigentümer. Fehlt ihm jedoch wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis, vgl. § 80 Abs. 1 InsO, ist allein der Insolvenzverwalter befugt, die grundbuchrechtlich erforderliche Bewilligung zu erteilen. Diese gibt der Insolvenzverwalter aber nicht in Vertretung des Schuldners, sondern kraft des ihm übertragenen Amtes im eigenen Namen ab (vgl. BGH NJW 1984, 739). Insofern kam es entgegen der angefochtenen Zwischenverfügung bei Antragstellung nicht auf die Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 2 an.

Allerdings hat das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis als Grundlage der formellen Bewilligungsbefugnis von Amts wegen zu prüfen (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 19 Rz. 59). Den im Anschluss an die Zwischenverfügung ergangen Hinweisen des Grundbuchamts ist zu entnehmen, dass es tatsächlich diesen Nachweis für nicht erbracht erachtet hat. Aber auch insoweit besteht kein Eintragungshindernis.

Entscheidend für die Beurteilung der Verfügungsbefugnis als Grundlage der Bewilligungsbefugnis ist der Zeitpunkt der Eintragung, weil sich erst dann die verfahrensrechtliche Verfügung über das betroffene Recht verwirklicht (Demharter, a.a.O., Rz. 60; Böttcher, in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 19 Rz. 57). Der Insolvenzverwalter hat also dem Grunde nach seine Bestellung zu diesem Zeitpunkt nachzuweisen. Der (formelle) Nachweis wird durch die dem Insolvenzverwalter von dem Insolvenzgericht erteilte Bestellungsurkunde erbracht, § 56 Abs. 2 S. 1 InsO. Da die Urkunde nach Beendigung des Amts an das Insolvenzgericht zurückzugeben ist, § 56 Abs. 2 S. 2 InsO, ist grundsätzlich die Urschrift vorzulegen. Es wird aber auch die Ansicht vertreten, die Vorlage einer beglaubigten Abschrift genüge, wenn ein Notar bestätige, dass die Urschrift bei Abgabe der betreffenden Grundbucherklärung oder jedenfalls zeitnah zu der beantragten Eintragung vorge...

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