Rz. 5

Grundstücksgleiche Rechte sind beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken, die kraft besonderer gesetzlicher Regelung materiell-rechtlich und formell-rechtlichen den Grundstücken gleichgesetzt sind.[6] Sie sind insbes. veräußerbar, vererblich und belastbar mit Grundpfandrechten. An erster Stelle ist das Erbbaurecht zu nennen, dem der Gesetzgeber mit den §§ 1012 ff. BGB zunächst wenig Bedeutung beimaß, was sich mit Einführung der ErbbauVO im Jahre 1919 jedoch rasch änderte (eingehend Rdn 150).[7]

 

Rz. 6

Weiteres grundstücksgleiches Recht kraft Bundesrecht ist das Bergwerkseigentum (§ 9 Abs. 1 S. 2 BBergG).[8] Das Bergwerkseigentum entsteht mit Zustellung der Berechtsamsurkunde an den Antragsteller (§ 17 Abs. 1 BBergG). Grundbucheintragung erfolgt nach § 17 Abs. 3 S. 1 BBergG auf Ersuchen der zuständigen Behörde. Bergwerkseigentum, das nach Art. 67 EGBGB durch Landesrecht weiterbestanden hat, bleibt aufrechterhalten und ist als grundstücksgleiches Recht nach § 9 BBergG zu behandeln (§ 149 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 mit § 151 Abs. 2 und § 176 BBergG).[9]

 

Rz. 7

Auf sonstige grundstücksgleiche Rechte ist das Immobiliarsachenrecht anzuwenden, soweit solche Rechte kraft fortgeltenden Landesrechtes weiterbestehen. Zu nennen sind Abbaugerechtigkeiten nach Art. 68 EGBGB oder Nutzungsrechte nach Art. 196 EGBGB, bspw. das selbstständige Fischereirecht in Bayern[10] oder auch in Brandenburg. Beispielhaft ist weiter hinzuweisen auf das Bayerische Gesetz über Graphitgewinnung v. 12.11.1937 Art. 4 Abs. IV (BayBS IV, 164) oder das Gesetz über die Bestellung von Salzabbaugerechtigkeiten in der Provinz Hannover v. 4.8.1904 (GVBl Sb III, 751). Zum Überleitungsrecht in Hessen, Niedersachsen, Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein vgl. Art. 40 PreußAGBGB (GVBl II, 230–2; GVBl Sb III, 400; SVG NW 40; GVBl Rh-Pf 1968 Nr. 1a, 400–1; GS Schl-H, 400).[11]

 

Rz. 8

Das Sachenrecht der Länder des Deutschen Reiches zur Zeit des Inkrafttretens des BGB kannte im Übrigen eine Vielzahl grundstücksgleicher Rechte oder veräußerlicher und vererblicher Gerechtigkeiten. Die landesrechtlichen Vorbehalte regeln Art. 65 ff. EGBGB. Von den überholten grundstücksgleichen Rechte sind beispielhaft zu nennen die Apothekerprivilegien aus der Zeit vor 1810, Schiffsmühlengerechtigkeiten, Fährgerechtigkeiten, Abdeckereigerechtigkeiten, Eisenerzgrabrechte oder gar Kirchstuhlgerechtsame (Art. 133 EGBGB).[12] Nach Art. 80 Abs. 2 EGBGB können Pfarrnutzungsrechte oder Pfründerechte als fortgeltende Rechte bestehen.[13]

 

Rz. 9

Kohleabbaugerechtigkeiten des Königreichs Sachsen und der ehemals sächsischen Landesteile des Königsreichs Preußen[14] sind als grundstücksgleiche Rechte durch § 5 Abs. 2 GBBerG zum 25.12.1993 aufgehoben (siehe § 5 GBBerG Rdn 6).

 

Rz. 10

Stockwerkseigentum hat seinen Ursprung in französischen Recht und wurde in den napoleonisch beeinflussten Ländern Baden, dem rechtsrheinischen Bayern, Sachsen-Meiningen, Frankfurt am Main, aber auch Schleswig eingeführt.[15] Für Württemberg ist es gewohnheitsrechtlich anerkannt.[16] Die Länder sind befugt, altrechtlich bestehendes Stockwerkseigentum in eigener Kompetenz gesetzlich zu regeln (Art. 218 EGBGB).[17] Hiervon haben Baden-Württemberg (§ 36 BaWü AGBGB mit Art. 226–231 WürttAGBGB),[18] Hessen (Gesetz zur Überleitung des Stockwerkseigentums v. 6.2.1962, GVBl I 1962, 17) und Rheinland-Pfalz (Art. 216–219 Rheinhess. AGBGB) Gebrauch gemacht. Zu unterscheiden sind unechtes und echtes Stockwerkseigentum. Unechtes Stockwerkseigentum nach Art. 131 EGBGB besteht in Miteigentum am Grundstück und vereinbarter Gebrauchsregelung am Gebäude mit dauerhaftem Ausschluss des Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft.[19] Echtes Stockwerkseigentum nach Art. 182 EGBGB ist ähnlich dem Wohnungseigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG) Alleineigentum am Stockwerk verbunden mit Miteigentum am Grundstück. Es ist als Grundstückseigentum heute noch zulässig, soweit es vor dem 1.1.1900 begründet worden ist. Eine Neubegründung ist durch Art. 189 Abs. 1 S. 3 EGBGB ausgeschlossen.[20]

 

Rz. 11

Die Bahneinheit als Rechtsgesamtheit der von einer Eisenbahn oder Kleinbahn genutzten Grundstücke ist nach Art. 112 EGBGB als grundstücksgleiches Recht anerkannt.[21] Die praktische Bedeutung des Eigentums an einer Bahneinheit ist gering, da mit Staatsvertrag v. 31.3.1920 (RGBl I 1920, 774) die Bahnen durch das Reich übernommen wurden. Das früher als Sondervermögen des Bundes geführte Eisenbahnvermögen wurde durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz v. 27.12.1993 (BGBl I S. 2378) auf die DB AG und später auf die DB Netz AG übertragen. Diese Übertragung hat nicht dazu geführt, dass das bahnnotwendige Eisenbahnvermögen freies zivilrechtliches Vermögen der DB AG oder der DB Netz AG geworden ist. Vielmehr setzen sich die aus den früheren Widmungen folgenden Beschränkungen unverändert fort. Sie lasten als Inhaltsbeschränkungen auf dem bahnnotwendigen Vermögen und gehen deshalb auch durch einen Erwerb der Grundstücke, auf denen sich Eisenbahninfrastruktur befindet, nicht...

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