Leitsatz

  1. Durch "Leitungswasser von oben" geschädigter Eigentümer kann im Fall einer bestehenden Gebäudeversicherung grundsätzlich nicht den schädigenden Miteigentümer auf Schadensausgleich bei bestehendem Versicherungsfall in Anspruch nehmen
  2. "Leitungswasser" in der Begrifflichkeit der Gebäudeversicherung ist auch dasjenige Wasser, das bestimmungswidrig aus mit den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen austritt
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 43 Nr. 1 WEG; §§ 241 Abs. 2, 242, 280 Abs. 1 BGB; § 67 Abs. 1 VVG a. F.

 

Kommentar

  1. Ein in seiner Wohnung durchfeuchtungsgeschädigter Wohnungseigentümer ist verpflichtet, im Schadensfall dann nicht den schädigenden Miteigentümer auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen, wenn ein Versicherungsfall vorliegt, ein Regress des Gebäudeversicherers gegen den Eigentümer ausgeschlossen ist und der geschädigte Wohnungseigentümer nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den schädigenden Miteigentümer besitzt. Es ist ein Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme unter den Eigentümern einer Gemeinschaft, im versicherten Schadensfall den Versicherer in Anspruch zu nehmen, und zwar auch dann, wenn ein Regress des Gebäudeversicherers gegen den schädigenden Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist. Nur im Ausnahmefall bei besonderem Interesse an einem direkten Schadensausgleich durch den Schädiger kann ein Innenverhältnisausgleich in Betracht kommen; insofern ist es jedoch nicht ausreichend, wenn der Versicherer einer Regulierung ablehnend gegenübersteht und der geschädigte Wohnungseigentümer folglich ein – ggf. auch erhebliches – Prozessrisiko auf sich nehmen bzw. die Gemeinschaft der Eigentümer als Versicherungsnehmerin zum Tätigwerden gegenüber dem Versicherer anhalten müsste.
  2. "Leitungswasser" in der Begrifflichkeit der Gebäudeversicherung ist dasjenige Wasser, das bestimmungswidrig aus mit den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen austritt. Zu solchen Einrichtungen gehören auch Duschwannen und Duschkabinen, d. h. auch die eine Duschwanne umgebenden gefliesten Wände einschließlich etwaiger, ein Einstieg ermöglichender Kunststoff- oder Glaswände (vgl. insoweit auch OLG Frankfurt, Urteil v. 22.12.2009, 7 U 196/07; AG Düsseldorf, NZM 2002 S. 48 und BGH, NJW-RR 2005 S. 381/383 m. w. N.). Vorliegend ging es nach Beweisaufnahme um nicht ausreichende Silikonabdichtung zwischen Duschwanne und Wandfliesen bzw. um einen mangelhaften Fußbodenaufbau. Nach den Versicherungsbedingungen stand dies nicht einem bestimmungswidrigen Wasseraustritt entgegen.
  3. Besteht ein Gebäudeversicherungsvertrag, dessen Versicherungsnehmer eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist und der das gesamte Gebäude betrifft, ist das Sachersatzinteresse des einzelnen Miteigentümers am Gemeinschaftseigentum und auch Sondereigentum der anderen Wohnungseigentümer mitversichert, sodass auch ein schädigender Miteigentümer nicht "Dritter" i. S. d. § 67Abs. 1 VVG a. F. ist; Regress des Versicherers scheidet insoweit aus (vgl. BGH, NZM 2001 S. 624/625).
  4. Die Klage auf Schadensersatz und zusätzliches Schmerzensgeld musste deshalb in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht vorliegend zurückgewiesen werden.
 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 15.11.2012, 318 S 215/10

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