Leitsatz

  1. Keine Haftung der Wohnungseigentümer untereinander für Fehlverhalten (Unterlassung) einer gebotenen Verwaltungsmaßnahme durch den Verwalter
  2. Keine Ersatzansprüche bei eigenmächtiger Fensterauswechslung durch einen Eigentümer (als Maßnahme einer unzulässigen baulichen Veränderung)
 

Normenkette

§§ 16 Abs. 3, 22 Abs. 1, 27 Abs. 1 WEG; § 276 BGB

 

Kommentar

  1. Die Wohnungseigentümer haften untereinander bei nicht rechtzeitigen Instandsetzungsmaßnahmen nur bei schuldhafter Unterlassung der ihnen gebotenen Verwaltungsmaßnahmen, nicht jedoch für ein schuldhaftes Fehlverhalten des (hier inzwischen ausgeschiedenen) Verwalters. Die Gemeinschaft hat im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt Fensterinstandsetzungen (Erneuerungen) abgelehnt; ein etwaiges Verschulden der ehemaligen Verwaltung kann der Gemeinschaft nicht zugerechnet werden (h.R.M.).
  2. Ersatzansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers, der (nach erfolgloser Abmahnung des Verwalters) instandsetzungsbedürftige Fenster seiner Wohnung eigenmächtig auswechselt, steht der Grundsatz des § 16 Abs. 3 WEG entgegen, dass Wohnungseigentümer, die einer baulichen Veränderung nicht zugestimmt haben, auch an den Kosten nicht zu beteiligen sind. Ein Aufwendungsersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG ist vorliegend abzulehnen, weil die getroffene Maßnahme des vollständigen Austauschs aller Fenster durch den Eigentümer nicht zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig gewesen ist.

    Zu verneinen waren auch Aufwendungsersatzansprüche nach §§ 683 Abs. 1, 677, 670 BGB unter dem Gesichtspunkt einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Es spricht eine Vermutung dafür, dass Eigentümer in einem Fall, der nicht von einer Notgeschäftsführung gedeckt ist, selbst von ihrer Entscheidungsbefugnis Gebrauch machen wollen. Eine eigenmächtige Instandsetzungsmaßnahme entspricht dann, wenn sie nicht als einzige in Betracht kommt, im Zweifel nicht dem mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer (vgl. auch BayObLG v. 4.11.1999, 2Z BR 106/99, ZMR 2000, 187). Vorliegend wäre u.U. auch eine Reparatur der Holzfenster möglich gewesen.

    Auch ein Bereicherungsanspruch nach § 684 Abs. 1 i.V.m. §§ 812 ff. BGB war zu verneinen; ein Anspruch auf Ersatz der durch eine nützliche Maßnahme bewirkten Wertsteigerung kann nur in Betracht kommen, wenn der Ersatz von solchen werterhaltenden Aufwendungen verlangt wird, die für den Geschäftsherrn später unausweichlich ebenfalls angefallen wären (vgl. BayObLG, a.a.O.). Vorliegend konnte nach den vom LG verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass die restlichen Eigentümer eine Sanierung durch den Einbau von Kunststofffenstern vorgenommen hätten. In Betracht kämen deshalb allenfalls die ersparten Kosten für die Reparatur eines Teils der Holzfenster, deren Höhe sich heute nach Beseitigung der Fenster nach verfahrensfehlerfreier Annahme des LG nicht mehr feststellen lässt. Dies gilt in gleicher Weise für den ebenfalls vom LG geprüften Bereicherungsanspruch aus §§ 951 Abs. 1, 812, Abs. 1 Satz 1 BGB. Die sonst geltenden Grundsätze für eine aufgedrängte Bereicherung werden durch die §§ 22 Abs. 1, 16 Abs. 3 WEG überlagert (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 951 Rn. 18 ff.). Die eigenmächtige Auswechslung der Fenster durch den betreffenden Eigentümer steht einer unzulässigen baulichen Veränderung gleich, da ein bestandskräftiger Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft nicht vorlag; allerdings dürfte ein Gegenanspruch auf Rückbau angesichts der Umstände ausgeschlossen sein. Damit sind sämtliche Eigentümer und Rechtsnachfolger gem. § 16 Abs. 3 WEG nicht verpflichtet, die Kosten der unzulässigen Fensterauswechslungsmaßnahme zu tragen. Dies wäre eine unzulässige Erhöhung der Beitragsleistungen.

 

Link zur Entscheidung

KG v. 10.1.2005, 24 W 283/03, ZMR 5/2005, 402KG Berlin, Beschluss vom 10.01.2005, 24 W 283/03

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