Leitsatz (amtlich)

1. Die Wohnungseigentümer haften einander bei nicht rechtzeitigen Instandsetzungsmaßnahmen nur bei schuldhafter Unterlassung der ihnen gebotenen Verwaltungsmaßnahmen, nicht für ein schuldhaftes Fehlverhalten des (inzwischen ausgeschiedenen) Verwalters.

2. Ersatzansprüchen eines einzelnen Wohnungseigentümers, der (nach erfolgloser Abmahnung des Verwalters) instandsetzungsbedürftige Fenster seiner Wohnung eigenmächtig auswechselt, steht der Grundsatz des § 16 Abs. 3 entgegen, dass die Wohnungseigentümer, die einer baulichen Veränderung nicht zugestimmt haben, auch an den Kosten nicht zu beteiligen sind.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 16.05.2003; Aktenzeichen 85 T 404/02)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 72-II 42/02)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten dritter Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 4.694,97 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller haben von der Antragsgegnerin Wohngeld verlangt. Die Antragsgegnerin nimmt die Antragsteller auf Ersatz der Kosten für den Einbau neuer Fenster in die Wohnung Nr. ... in Anspruch.

Mit Schreiben v. 15.1.2001 teilten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin der ehemaligen Verwalterin mit, dass eine Reparatur der in der Wohnung Nr. ... gelegenen Fenster nicht möglich sei und ein vollständiger Ersatz nötig sei und forderten, bis zum 19.1.2001 einen Auftrag zur Reparatur zu erteilen. Diese Verwalterin lehnte das nach Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat durch Schreiben v. 22.1.2001 unter Hinweis auf einen entgegenstehenden Eigentümerbeschluss ab. Daraufhin baten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 2.2.2001 darum diesen Beschluss zur Verfügung zu stellen, verwiesen auf das Erscheinungsbild des Gebäudes mit unterschiedlichen Fenstertypen bei einem Auswechseln durch jeden einzelnen Sondereigentümer und baten um Mitteilung der Material- und Farbanforderungen der Fenster für die Ersatzvornahme. Die ehemalige Verwalterin verwies mit Schreiben v. 15.2.2001 nach erneuter Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat auf den Beschluss der Eigentümerversammlung v. 22.5.1989, nach dem jeder Eigentümer für den Außenanstrich der Fenster selber sorgen muss, und gab die Farbe der Fenster an. Am 27.2.2001 erteilten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin einen Auftrag zum Einbau von Thyssen-Kunststoffelementfenstern und informierten die damalige Verwalterin darüber unter Hinweis darauf, dass der Eigentümerbeschluss sich nicht auf die Erneuerung von Fenstern beziehe. Die Antragsgegnerin zahlte auf die Rechnung des Siegfried Wachs v. 5.4.2001 9.182,56 DM (= 4.694,97 Euro).

Das AG hat durch Teilbeschluss auf Grund der mündlichen Verhandlung v. 7.6.2002 - 72-II 42/02 WEG - die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen der Verwalterin 1.240,45 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Durch Schlussbeschluss v. 26.8.2002 - 72-II 42/02 WEG - hat es die Antragsgegnerin weiter verpflichtet, an die Antragstellerin zu Händen der Verwalterin 910,10 Euro nebst Zinsen zu zahlen und den Gegenantrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und die sofortige Vollstreckbarkeit der Ziff. 1 des amtsgerichtlichen (Schluss-) Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet.

Die Antragsgegnerin rügt:

Ihr stehe ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB i.V.m. dem wohnungserbbaurechtlichen Gemeinschaftsverhältnis zu. Die Gemeinschaft müsse sich die Erklärungen der früheren Verwalterin zurechnen lassen. Diese habe die Erfüllungsverweigerung ernsthaft erklärt. Sie habe in adäquater Weise den Schaden behoben. Die Antragsteller hätten einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darzulegen und zu beweisen. Außerdem stehe ihr ein Erstattungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Notgeschäftsführung ohne Auftrag zu. Ihr sei es nicht zuzumuten gewesen, mit der Instandsetzung bis zu einer eventuellen Beschlussfassung der Gemeinschaft und einem anschließenden Verfahren abzuwarten, weil der Zustand eine Vermietung ausgeschlossen hätte. Ein rund einjähriger Mietausfall hätte die Gesamtkosten der Erneuerung ausgemacht. Der Maler habe eine Notabdichtung durch eine Folie vorgenommen, die aber nicht dauerhaft zumutbar gewesen sei. Für ihren Anspruch aus §§ 677 ff. BGB sei zu berücksichtigen, dass die Reparatur die teurere Instandhaltungsmaßnahme als der Ersatz der Fenster gewesen sei. Das Beweisrisiko gehe zulasten der Antragsteller. Nach § 16 Abs. 2 der Teilungserklärung hätte die damalige Verwalterin in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat die erforderliche Maßnahme selbst anordnen und durchführen können, ohne dass es einer Beschlussfassung bedurft hätte. Schließlich seien die Antragsteller bereichert durch Befreiung von der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht sowie ...

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