Leitsatz

Keine konstitutive Begründung einer Leistungspflicht (hier: zur Beseitigung einer baulichen Veränderung) durch bestandskräftigen Beschluss

 

Normenkette

§ 21 ff. WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Durch Beschlussfassung können nur solche Angelegenheiten in einer Gemeinschaft geordnet werden, über die nach dem WEG oder nach einer rechtsändernden Vereinbarung die Eigentümer durch Beschluss entscheiden dürfen (Grundsatzentscheidung des BGH v. 20.9.2000, NJW 2000, 3500). Eine Beschlusskompetenz zur Begründung von Leistungspflichten einzelner Eigentümer durch einen Mehrheitsbeschluss gibt es deshalb nicht (vgl. schon Senat v. 22.11.2005, 3 W 104/05). Wohnungseigentümer sind damit nicht legitimiert, außerhalb des Bereichs der Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums Ansprüche durch Beschluss der Mehrheit von ihnen entstehen zu lassen; sie können zwar beschließen, ob und in welchem Umfang ein Leistungsanspruch gegen einen Miteigentümer geltend gemacht werden soll, nicht dagegen auch einen entsprechenden Anspruch ohne gesetzlichen Schuldgrund konstituieren. Dies gilt namentlich für Beschlüsse, die einem Eigentümer die Beseitigung bestimmter baulicher Veränderungen aufgeben, und zwar unabhängig davon, ob die betreffende Baumaßnahme rechtmäßig war oder nicht (vgl. auch Wenzel, NZM 2004, 542/544; Schmidt/Rieke, ZMR 2005, 252; Briesemeister, 2003, 307; Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Aufl. § 22 Rn. 269).
  2. Im vorliegenden Fall war der Eigentümerbeschluss in objektiver Auslegung so zu verstehen, dass lediglich die gerichtliche Verfolgung eines möglichen Beseitigungsanspruchs vorbereitet werden sollte. Beschlussinhalt war damit nicht eine selbstständige Festlegung einer materiellen Verpflichtung der Gegenseite zum Rückbau, sondern die Entscheidung der Vorbereitung eines gerichtlichen Verfahrens. Insoweit bedurfte es auch keiner Vorlage zum BGH aufgrund anderer obergerichtlicher Rechtsprechung zur konstitutiven Begründungspflicht solcher Beseitigungen bereits durch entsprechende Beschlussfassung (wie entschieden vom OLG Köln, NZM 1999, 424 und ZMR 2004, 215 oder vom OLG Hamburg, ZMR 2003, 447 und auch vom BayObLG, NZM 2003, 239).
Anmerkung

Diese Entscheidung differenziert zu Recht zwischen konstitutiver Beseitigungspflicht durch beschlussweise Anspruchsbegründung und einer beschlossenen Vorbereitung einer Klageführung bzw. Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs auf Beseitigung einer vorgenommenen baulichen Veränderung. Für eine direkte Anspruchsbegründung fehlt eine Beschlusskompetenz. Beschlossene Vorbereitungsmaßnahmen für eine Beseitigungsklage können demgegenüber i. d. R. als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung angesehen werden. Die beschlossene Anspruchsgeltendmachung muss deshalb von dem betroffenen Stör-Eigentümer auch nicht über fristgemäße Klage angefochten werden, da er sich im beschlossenen, nachfolgenden Beseitigungsklageverfahren noch ausreichend ohne jegliche Sperrwirkungen verteidigen kann. Im vorliegenden Fall war der gefasste Beschluss auch ohne Frage als eine solche Vorbereitungsentscheidung anzusehen, begründete also auch noch keinerlei unmittelbare Leistungspflichten eines potenziellen Störers. Etwaige Beschlussanfechtungszwänge für einen Störer beurteilen sich deshalb – abgesehen etwa von durchaus angreifbaren Ausschlussformmängeln oder gar feststellbaren Beschlussnichtigkeitsgründen – nach dem entsprechenden Antragsinhalt gefasster Beschlüsse.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05.06.2007, 3 W 98/07 = ZMR 2007, 646 = NZM 2007, 572

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge