Rz. 5

Der Abzug der Arbeitnehmeranteile vom Lohn oder Gehalt ist dem Arbeitgeber später als bei den 3 nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nur dann erlaubt, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Schuldlos ist z. B. ein Arbeitgeber, wenn er von der Krankenkasse eine falsche Auskunft über die Versicherungspflicht des Arbeitnehmers erhalten hat. Eine schuldlose nachträgliche Entrichtung liegt dagegen nicht schon dann vor, wenn der Arbeitgeber aus eigener Entscheidung und aus Rechtsirrtum keine Arbeitnehmeranteile vom Lohn oder Gehalt einbehält. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, den versicherungsrechtlichen Status eines Mitarbeiters durch die Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 bzw. durch die Clearingstelle nach § 7a verbindlich klären zu lassen. Fehlerhafte Beratung durch Dritte (z. B. Steuerberater) hat der Arbeitgeber nach § 278 BGB wie eigenes Verschulden zu vertreten.

Als schuldlose Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen hat das BSG mit Urteil v. 28.4.1964 (3 RK 9/60) angesehen, wenn durch eine falsche Auskunft der Krankenkasse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer irrtümlich als versicherungsfrei behandelt hat. Da die Krankenkasse auch nach falscher Auskunft nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht gehindert ist, die noch nicht verjährten Beiträge nachzuerheben, kann der Arbeitgeber den auf den Arbeitnehmer entfallenden Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt einbehalten, wenn der Arbeitnehmer noch bei ihm beschäftigt ist.

Selbst wenn der Abzug der Arbeitnehmeranteile durch den Arbeitgeber unverschuldet unterblieben ist, weil die Krankenkasse das Arbeitsverhältnis nachträglich als versicherungspflichtig erkennt, kann der Arbeitgeber die unterbliebenen Abzüge nach dem Urteil des BSG v. 25.10.1990 (12 RK 27/89) nicht unbefristet nachholen. Die Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer auf die Arbeitnehmeranteile sind noch vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend zu machen. Die Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 ist nach diesem Urteil auch bei nachträglicher Beitragserhebung durch die Krankenkasse auf das Einbehaltungsrecht des Arbeitgebers entsprechend anzuwenden.

Werden mehrere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen nebeneinander ausgeübt, dann sind die Arbeitsentgelte aus den einzelnen Beschäftigungen zusammenzurechnen. Wenn das Arbeitsentgelt aus mehreren geringfügig entlohnten Beschäftigungen (vgl. §§ 8, 8a) insgesamt die für die Sozialversicherungsfreiheit geltenden gesetzlichen Entgeltgrenzen übersteigt, unterliegen alle Beschäftigungen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Arbeitsförderungsrecht. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung zusammentrifft. Treffen mehrere entgeltgeringfügige Beschäftigungen mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung zusammen, dürfte die zuerst begründete geringfügige Beschäftigung diejenige sein, die mangels Zusammenrechnung (nunmehr mit Ausnahme der Rentenversicherung) versicherungsfrei bleibt. Nach § 27 Abs. 2 SGB III werden abweichend von § 8 Abs. 2 Satz 1 geringfügige Beschäftigungen und nicht geringfügige Beschäftigungen nicht zusammengerechnet.

Wird bei der Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte geringfügig entlohnter Beschäftigter im gewerblichen Bereich und/oder im Privathaushalt im Nachhinein festgestellt, dass die Voraussetzungen der sozialversicherungsfreien geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht mehr vorliegen, wird seit dem 1.4.2003 die Sozialversicherungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 3 erst mit dem Tage der Bekanntgabe der Feststellung durch die Einzugsstelle oder einen Träger der Rentenversicherung eintreten. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären. Ansonsten soll mit dem späteren Eintritt der Sozialversicherungspflicht vermieden werden, dass Arbeitgeber infolge der Unkenntnis einer (oder auch mehrerer) weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigung ihres Arbeitnehmers rückwirkend mit Sozialversicherungsbeiträgen belastet werden. Es bleibt dann für die Vergangenheit bei dem Pauschalbetrag für die geringfügig entlohnten Beschäftigten. Daher wird es für diese Art der Beschäftigten im Allgemeinen keine rückwirkenden zusätzlichen Belastungen mehr geben.

Mit dem Satz 4 angefügten Halbsatz soll sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag unabhängig von den besonderen Voraussetzungen der Sätze 2 und 3 erhält, wenn der Beschäftigte den Beitrag allein zu tragen hat oder nur Sachbezüge erhält.

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