Zusammenfassung

Die EU-Whistleblower-Richtlinie hätte bis 17.12.2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Der Bundestag hatte eine erste Fassung am 16.12.2022 beschlossen, zu der allerdings am 10.2.2023 der Bundesrat seine Zustimmung verweigerte.

Vermittlungsausschuss einigt sich auf Kompromiss

Eine überarbeitete Fassung des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) wurde am 17.3.2023 nochmals im Bundestag behandelt. Nachdem aber auch mit dieser überarbeiteten Fassung eine Verweigerung der Zustimmung des Bundesrates nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde dieser Entwurf nicht weiter verfolgt, sondern der Vermittlungsausschuss angerufen.

Die Vertreterinnen und Vertreter von Bundestag und Bundesrat haben sich nun am 9.5.2023 im Vermittlungsausschuss auf Änderungen am Hinweisgeberschutzgesetz geeinigt. Der Kompromiss enthält insbesondere Änderungen zu den Meldewegen für anonyme Hinweise, zu Bußgeldern und zum Anwendungsbereich des Gesetzes.

Danach wurde das Gesetzgebungsverfahren sehr schnell abgeschlossen. Der Bundestag verabschiedete am 11.5.2023 das Hinweisgeberschutzgesetz mit den Änderungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses; der Bundesrat stimmte am 12.5.2023 dem Gesetzentwurf zu.

Mit der Zustimmung des Bundesrats ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz wurde am 2.6.2023 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es ist einen Monat nach der Verkündung in Kraft getreten – also am 2.7.2023.

HinSchG: Die wesentlichen Inhalte der neuen Regelungen

Das verabschiedete HinSchG beruht auf dem im Dezember vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/4909), in dem noch (wenige) Änderungen durch den Vermittlungsausschuss vorgenommen wurden.

Welche Änderungen hat der Vermittlungsausschuss vorgenommen?

Im Vermittlungsausschuss wurden insbesondere folgende Anpassungen des Gesetzentwurfs vorgenommen:

 

Beschränkung auf beruflichen Kontext:

Informationen über Verstöße sollen nach dem Kompromiss nur noch in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, wenn sie sich auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person beruflich im Kontakt stand, beziehen.

 

Kompromiss zu anonymen Meldungen:

Der Vermittlungsausschuss schlug vor, auf eine Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, zu verzichten. Dies gilt sowohl für interne als auch für externe Meldestellen. Es wird durch das HinSchG den Unternehmen lediglich vorgegeben, dass die Meldestellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten sollen. Ferner wurde eine Formulierung aufgenommen, dass die hinweisgebenden Personen in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen sollen.

 

Niedrigere Bußgelder, Übergangsfrist von 6 Monaten für Bußgeldandrohung:

Bei den bislang vorgesehenen Bußgeldern bei Verstößen gegen die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle wurde die maximale Höhe der angedrohten Bußgelder von bisher 100.000 EUR auf 50.000 EUR gesenkt. Darüber hinaus wird diese Bußgeldandrohung erst 6 Monate nach Veröffentlichung des HinSchG in Kraft treten.

Ziel des HinSchG: Schutz der hinweisgebenden Person, Beweislastumkehr für Arbeitgeber

Mit diesem Hinweisgeberschutzgesetz soll der bislang lückenhafte und unzureichende Schutz von hinweisgebenden Personen ausgebaut und die EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937) in nationales Recht umgesetzt werden. Der Schutz hinweisgebender Personen und sonstiger von einer Meldung betroffener Personen soll gestärkt und es soll sichergestellt werden, dass ihnen im Rahmen der Vorgaben dieses Gesetzes keine Benachteiligungen drohen.

Bislang existierte in Deutschland kein umfassendes, einheitliches Hinweisgeberschutzsystem. Hinweisgebende Personen (Whistleblower) können allerdings wertvolle Beiträge dazu leisten, das Fehlverhalten natürlicher oder juristischer Personen aufzudecken und die negativen Folgen dieses Fehlverhaltens einzudämmen bzw. zu korrigieren. In der Vergangenheit war es immer wieder zu Fällen gekommen, in denen hinweisgebende Personen Nachteile zu erleiden hatten. In anderen Fällen ist davon auszugehen, dass Personen mit Insiderwissen von einer Meldung abgesehen haben, weil sie Repressalien fürchteten.

Wer wird vom Schutz des Gesetzes umfasst?

  • hinweisgebende Person,
  • Personen, welche die hinweisgebende Person unterstützen,
  • Personen, die Gegenstand einer Meldung sind,
  • sonstige Personen, die von einer Meldung betroffen werden.

Repressalien und jedwede Vergeltungsmaßnahmen gegenüber der hinweisgebenden Person sind untersagt. In diesem Zusammenhang wird auch eine Regelung über eine Beweislastumkehr (§ 36 HinSchG) eingeführt. Arbeitgeber müssen demnach künftig nachweisen, dass Maßnahmen gegen Arbeitnehmer nicht im Zusammenhang mit der Aufdeckung von Missständen stehen. Die Vermutung, dass die Benachteiligung eine Repressalie für den Hinweis ist, soll aber nur dann bestehen, wenn die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht.

B...

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