Entscheidungsstichwort (Thema)

Haushaltshilfe. Krankenhausbehandlung. Mitaufnahme als Begleitperson

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Haushaltshilfe besteht nicht nur bei eigener Krankenhausbehandlung der den Haushalt führenden Versicherten, sondern auch im Falle ihrer medizinisch notwendigen Mitaufnahme als Begleitperson.

 

Normenkette

SGB V § 11 Abs. 3, § 38 Abs. 1, §§ 39, 45; RVO § 185b Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 10.11.1993; Aktenzeichen S-9/Kr-359/93)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. November 1993 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die der Klägerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen des Rechtsstreits zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von 635,00 DM als Verdienstausfall im Zusammenhang mit der Gewährung von Haushaltshilfe.

Die Klägerin ist die nicht berufstätige Ehefrau des aufgrund einer Versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Beklagten krankenversicherten … S. Sie ist ebenso wie der am 2. Februar 1987 geborene Sohn F. und die am 22. April 1990 geborene Tochter M. als Familienangehörige mitversichert.

Während eines stationären Aufenthalts von F. vom 13. bis 20. Mai 1991 nahm der Ehemann der Klägerin unbezahlten Urlaub zur Betreuung von M., da diese den Sohn in das Krankenhaus begleitete. Den hierdurch entstandenen Lohnausfall erstattete die Beklagte antragsgemäß.

Am 16. September 1991 beantragte der Ehemann der Klägerin erneut die Bewilligung von Haushaltshilfe durch Zahlung des entgangenen Nettoentgelts in Höhe von 635,00 DM, da die Weiterführung des Haushalts durch seine Frau wegen erneuter stationärer Behandlung seines Sohnes vom 26. August bis 2. September 1991 nicht möglich gewesen sei. Die ständige Anwesenheit der Mutter sei medizinisch notwendig gewesen (ärztliche Bescheinigung des Dr. C. vom 30. August 1991). Er habe deshalb erneut unbezahlten Urlaub genommen und seine Tochter betreut.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 5. November 1991 ab. Kosten einer Haushaltshilfe könnten nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz nur noch in solchen Fällen übernommen werden, in denen die üblicherweise den Haushalt führende Person infolge eigener Krankenhausbehandlung die Hausarbeiten nicht mehr erledigen könne.

Den hiergegen am 14. November 1991 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1993, zugestellt am 4. März 1993, zurück. Nach dem Willen des Gesetzgebers löse nicht jede Lebenssituation einen Anspruch auf Haushaltshilfe aus. Die Klägerin, die im streitigen Zeitraum an der Haushaltsführung gehindert gewesen sei, habe aber keine der im Gesetz aufgeführten Leistungen in Anspruch genommen. Für den Fall, daß der haushaltsführende Versicherte wegen stationären Aufenthalts eines Kindes seinen Haushalt nicht weiterführen könne, sehe das Gesetz keine Leistungen vor.

Am 2. April 1993 hat der Ehemann der Klägerin beim Sozialgericht Gießen Klage erhoben und ausgeführt, daß die Beklagte durch Gewährung von Haushaltshilfe anläßlich des ersten stationären Aufenthalts von F. einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Im übrigen sei die gesetzliche Aufzählung der Leistungsfälle, bei denen Haushaltshilfe gewährt werde, nicht abschließend. Andernfalls hätte nicht zuvor eine Bewilligung erfolgen dürfen.

Durch Urteil vom 10. November 1993 hat das Sozialgericht Gießen unter Zulassung der Berufung den „Bescheid vom 5. November 1991 und den Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1993 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für eine Haushaltshilfe in der Zeit vom 26. August 1991 bis 02. September 1991 in gesetzlichem Umfang zu erstatten.” In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß Haushaltshilfe wegen eines Krankenhausaufenthalts des Sohnes F. beansprucht werden konnte. Infolge des Krankenhausaufenthalts sei es der Ehefrau des Klägers nicht möglich gewesen, den Haushalt weiterzuführen. Zwar sei sie selbst im Krankenhaus nicht behandelt worden, ihre Mitaufnahme sei aber aus medizinischen Gründen notwendig gewesen. Die Mitnahme einer Begleitperson ins Krankenhaus sei Nebenleistung zur Krankenhausbehandlung des Versicherten, für die die Krankenkasse bei medizinischer Notwendigkeit die Kosten zu übernehmen habe. Hierdurch bedingte weitere Nebenleistungen, wie der Verdienstausfall der Begleitperson, gehörten deshalb ebenfalls zu den von der Krankenkasse zu übernehmenden Kosten. Dies führte vorliegend zu dem Ergebnis, daß der Kläger seinen Verdienstausfall erstattet erhalten hätte, wenn er seinen Sohn in die Klinik begleitet hätte und M. von ihrer Mutter weiter betreut worden wäre. Deshalb könne die gesetzliche Vorschrift über die Gewährung von Haushaltshilfe nicht so ausgelegt werden, daß nur bei eigener Behandlung des Versicherten im Krankenhaus Haushaltshilfe gewährt werden müsse. Der Wortlaut des § 38 SGB V sei nicht eindeutig. Es sei insbesondere nicht zu ...

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