Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen für Unterkunft und Heizung. Angemessenheit. Quadratmeterpreis. Wohnfläche. Mietspiegel. Obliegenheit zur Kostensenkung. Schulden. Ermessen. Einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Weist der Grundsicherungsträger den Hilfebedürftigen darauf hin, dass die Kosten seiner Unterkunft unangemessen sind, obliegt es diesem, sich umgehend und umfassend um eine Kostensenkung zu bemühen. Der Hilfebedürftige darf hiermit nicht warten, bis die sechsmonatige Übergangsfrist nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (a.F.) verstrichen ist.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1, 5; SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Gründe

Die am 26. Oktober 2006 beim Sozialgericht Wiesbaden eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (26. Oktober 2006), mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 17. Oktober 2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe auch für die Zeit ab 1. Dezember 2006 zu gewähren,

hat keinen Erfolg.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, nachdem die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der Hilfeleistungen für den Monat November 2006 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, nur noch der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe für die Zeit ab 1. Dezember 2006. Vorläufiger Rechtsschutz kommt insoweit, da ein Fall des § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - nicht vorliegt, nach § 86b Abs. 2 SGG in Betracht.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen aber nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruchs) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Es fehlt bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

Laufende Leistungen für die Unterkunft werden nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. §§ 7, 9, 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt, sofern sie angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten [teilweises Untervermieten] oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken; in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für eine Unterkunft (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) ist - im Hinblick auf die Aufgabe der Hilfe zum Lebensunterhalt, nur den notwendigen Bedarf sicherzustellen - nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro m² zu ermitteln (“Produkttheorie„). Dabei muss gewährleistet sein, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes die Hilfeempfänger tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte und menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können. Ist bzw. war dem Leistungsempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret nicht verfügbar und zugänglich, sind die Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 13. Dezember 2005 - L 9 AS 48/05 ER -, vom 8. März 2006 - L 9 AS 59/05 ER -, vom 21. März 2006 - L 9 AS 124/05 ER - und vom 5. Dezember 2006 - L 9 AS 123/06 ER -). Der Senat befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. November 1986 - 5 C 2/85 - BVerwGE 75, 166; Urteil vom 7. Mai 1987 - 5 C 36/85 - BVerwGE 77, 232; Urteil vom 31. August 2004 - 5 C 8/04 - NJW 2005, 310; Urteil vom 28. April 2005 - 5 C 15/04 -), der sich mittlerweile auch das Bundessozialgericht angeschlossen hat (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R).

Nach den genannten Maßstäben hat der Antragsteller unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin bewilligten 436,00 E...

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