Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen für Unterkunft und Heizung. Angemessenheit. Stadtteil. Wohnfläche. Quadratmeterpreis. Bemühungen zur Kostensenkung. Mitwirkungspflicht. Pauschalierung. Anhörung. Einstweilige Anordnung. Notlage. Prozesskostenhilfe. Hinreichende Erfolgsaussicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes reicht es aus, wenn der Grundsicherungsträger den aus seiner Sicht angemessenen Quadratmeterpreis anhand Zeitungsannoncen und Internetrecherchen glaubhaft macht.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, § 27 Nr. 1; SGB X § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; SGB XII § 28 Abs. 3; SGG §§ 73a, 86b Abs. 2; ZPO § 114

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Bewilligung der Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der allein lebende und seit 1994 geschiedene Antragsteller beantragte unter dem 21. Oktober 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 5. Januar 2005 und Folgebescheiden vom 25. Juli 2005, 30. September 2005 und 24. Oktober 2005 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II ab 1. Januar 2005, wobei sie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 317,05 EUR berücksichtigte. Mit weiterem Bescheid vom 30. Dezember 2005 bewilligte die Antragsgegnerin zusätzliche Heizkosten in Höhe von 10,00 EUR monatlich und berücksichtigte für Unterkunft und Heizung insgesamt 327,05 EUR. Mit Bescheid vom 9. Januar 2006 anerkannte die Antragsgegnerin ab 1. März 2006 für Unterkunft und Heizung nur noch 284,50 EUR. Den dagegen mit Schreiben vom 10. Februar 2006 erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2006 als unbegründet zurück. Bereits mit Schreiben vom 28. Juni 2005 sei der Antragsteller hinsichtlich einer geplanten pauschalen Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung angehört worden, da seine tatsächlichen Kosten die von der Stadt A-Stadt festgesetzten angemessenen Kosten überstiegen. In der Folgezeit, d.h. bis einschließlich 28. Februar 2006, sei dem Antragsteller eine Übergangsfrist im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II gewährt worden, in welcher die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung weiterhin vollständig übernommen worden seien. Ab 1. März 2006 erfolge sodann die pauschalierte Gewährung der Unterkunfts- und Heizkosten aufgrund der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung der Stadt A-Stadt vom 31 August 2004 und vom 12. Dezember 2005. Für einen Einpersonenhaushalt seien Unterkunftskosten inklusive Nebenkosten in Höhe von monatlich 236,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 48,50 EUR berücksichtigungsfähig.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2006, beim Sozialgericht Kassel eingegangen am 14. Februar 2006, hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Mit beim Sozialgericht Kassel am 23. Februar 2006 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom 9. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2006 Klage erhoben, über die bisher nicht entschieden wurde (S 1 AS 173/06).

Zur Begründung des Eilantrages hat der Antragsteller ausgeführt, er habe einen Anspruch auf Bewilligung von Unterkunftskosten in Höhe von mindestens 327,05 EUR. Die von ihm gezahlte Miete sei angemessen. Er verfüge über eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 55 m² Wohnfläche. Eine Pauschalierung der Kosten der Unterkunft nach § 27 SGB II sei nicht möglich, weil keine Verordnung zur Bestimmung der Pauschalen erlassen worden sei. Die Fortsetzung der Anwendung der Experimentierklausel des § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei unzulässig.

Die Antragsgegnerin ist dem Begehren des Antragstellers entgegengetreten. Die von der Stadt A-Stadt festgesetzten Kosten seien dem Grunde und der Höhe nach angemessen. Die Angemessenheit der Pauschalen ergebe sich aus der Auswertung der Aufstellung der Wohnungsbaugesellschaft W. Diese Aufstellung beinhalte 739 Wohnungen im Stadtgebiet bis zu einer Größe von 50 m². Die durchschnittliche Grundmiete betrage 3,77 EUR/m², die durchschnittlichen Betriebskosten 1,44 EUR/m². In der Summe ergebe sich ein Mietpreis pro m² von 5,21 EUR. Ausgehend von einer angemessenen Wohnfläche für eine Einzelperson bis zu 45 m² seien die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung der Stadt A-Stadt realistisch und ausreichend. Gleiches gelte für die Heizkosten. Mit der gewährten Pauschale von 48,50 EUR für einen Ein-Personen-Haushalt sei es möglich, eine Wohnfläche von mindestens 45 m² zu beheizen.

Mit Beschuss vom 16. Mai 2006 lehnte das Sozialgericht Kassel die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Zeitraum des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II sei verstrichen. Die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller eine Übergangsfrist von acht Monaten eingeräumt, die dieser ungenutzt habe verstreichen lassen. ...

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