Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines flugdienstuntauglichen Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung im Bodendienst. Kein Anspruch auf Einsatz eines flugdienstuntauglichen Arbeitnehmers im Bodendienst nach Ablauf der Sechsmonatsfrist des MTV

 

Leitsatz (amtlich)

§ 20 Abs. 1 Buchst. a des Manteltarifvertrags Nr. 2 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom 1. Januar 2013 (MTV Nr. 2) ist unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der tariflichen Regelungen sowie ihres Zwecks gesetzeskonform dahin einschränkend auszulegen ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst besteht (BAG Urteil vom 20. Mai 2020 - 7 AZR 83/19 - Rn. 18 mwN.).

Eine mögliche Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Bodendienst steht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des flugdienstuntauglichen Arbeitnehmers aufgrund der auflösenden Bedingung jedoch nur dann entgegen, wenn der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung im Bodendienst spätestens bis zum Ablauf der nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 geltenden Auslauffrist vom Arbeitgeber verlangt. Dies ergibt wiederum die Auslegung der Tarifnorm unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs und ihres Sinn und Zwecks (BAG 20. Mai 2020 - 7 AZR 83/19 - Rn. 18 mwN.).

Danach ist die auflösende Bedingung nach § 20 Abs. 1 a) MTV Nr. 2 im Streitfall eingetreten, da die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung im Bodendienst nicht innerhalb der sechsmonatigen Auslauffrist nach §§ 20 Abs. 1 a), 22 Abs. 2 MTV Nr. 2 geltend gemacht hat.

 

Normenkette

TVG § 1; TzBfG §§ 21, 17, 15 Abs. 2; SGB IX § 167 Abs. 2; SGB IX a.F. § 84 Abs. 2; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.01.2018; Aktenzeichen 16 Ca 5440/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2018 – 16 Ca 5440/17 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits – einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens – hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung am 31. Dezember 2017 geendet hat.

Die Klägerin war seit dem 15. August 1998 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, als Flugbegleiterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28. Juli 1998 zugrunde (Anlage K 1, Bl. 8 f. d. A.). Dieser regelt in Ziff. 2, dass sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten u.a. aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent geltenden Beklagten geltenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung ergeben. Dazu gehört insbesondere der Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom 1. Januar 2013 (im Folgenden: MTV Nr. 2, Anlage B 1, Bl. 53 ff. d. A.). Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:

„§ 19 Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze

(3) Kabinenmitarbeiter können nach Erreichen der Altersgrenze, wenn und solange sie noch voll leistungsfähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft weiterbeschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Bordmitarbeiter kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf Seiten der L noch auf Seiten des Kabinenmitarbeiters.

§ 20 Verlust der Flugdiensttauglichkeit, Beendigung des Arbeitsverhältnisses

(1) a) Wird durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt, dass ein Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, so endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 frühestens zulässig gewesen wäre.

Flugdienstuntauglichkeit im Sinne dieser Bestimmungen ist das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbaren körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit nach den einschlägigen Vorschriften weiter auszuüben.

Vor Stellung eines erstmaligen Antrages an den Rentenversicherungsträger auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsleistungen oder spätestens vor einem entsprechenden Antrag auf Verlängerung befristet gewährter Leistungen kann der Mitarbeiter von der Möglichkeit Gebrauch machen, seine Flugdiensttauglichkeit (ggf. erneut) durch die fliegerärztliche Untersuchungsstelle überprüfen zu lassen.

(…)

§ 22 Kündigung

(…)

(2) Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigung

(…)

- von mehr als 12 Jahren

6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres.

Nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren ist eine ordentliche Kündigung einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung durch d...

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