Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der Verfahrensgebühr wegen außergerichtlich entstandener Geschäftsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Auch nach Inkrafttreten des § 15a RVG am 05. August 2009 bleibt es mangels spezieller Regelung bei der allgemeinen Überleitungsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG, nach der die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt wurde oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet war.

 

Normenkette

RVG Vorbem § 3 Abs. 4; RVG §§ 15a, 60

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 15.06.2009; Aktenzeichen 8 Ca 104/09)

ArbG Kassel (Beschluss vom 07.06.2009; Aktenzeichen 8 Ca 104/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 7. Juli 2009 – 8 Ca 104/09 – wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Mit der am 23. März 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wandte sich die Klägerin im Wesentlichen gegen eine Versetzung in eine andere Filiale des Beklagten. Vorgerichtliche Versuche des Bevollmächtigten der Klägerin, die Angelegenheit mit dem Beklagten zu klären, waren gescheitert.

Am 16. April 2009 wurde der Klägerin antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr ihr Prozessbevollmächtigter beigeordnet. Am 5. August 2009 kam es im Einvernehmen der Parteien zum Ruhen des Verfahrens.

Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2009 hatte der Klägervertreter gegenüber der Staatskasse als Vorschuss eine Verfahrensgebühr von 209,30 EUR (aus einem Gegenstandswert von 2007,90 EUR), die Postpauschale von 20 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer = 272,87 EUR beantragt

Durch Beschluss vom 19. Juni 2009 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vergütungsvorschuss bei Halbierung der Verfahrensgebühr auf insgesamt 148,34 EUR fest mit der Begründung, die außergerichtlich entstandene Geschäftsgebühr führe zu einer entsprechenden Kürzung der Verfahrensgebühr.

Mit der am 25. Juni 2009 eingegangenen so verstandenen Erinnerung wandte sich der Klägervertreter gegen diese Kürzung auch mit dem Hinweis auf § 15 a RVG. Weder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle noch das Arbeitsgericht haben der Erinnerung abgeholfen, letzteres durch Beschluss vom 7.Juli 2009 (Blatt B 35 der Akten) bei ausdrücklicher Zulassung der Beschwerde. Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 17. Juli 2009 zugestellt.

Der am 24. Juli 2009 eingegangenen Beschwerde des Klägervertreters hat das Arbeitsgericht am 8. September 2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß den §§ 56, 33 Abs. 3 bis 6 RVG nach der Art des Rechtsbehelfs statthafte Beschwerde des Klägervertreters ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt. Wegen der Zulassung der Beschwerde kommt es auf den Beschwerdewert von mehr als 200 EUR nicht an (§ 33 Abs. 3 S. 2 RVG).

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Juli 2009 die Erinnerung des Klägervertreters zu Recht zurückgewiesen.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat durch seinen Beschluss vom 19. Juni 2009 die dem Klägervertreter aus der Landeskasse vorschussweise zu zahlenden Kosten zutreffend auf 148,34 EUR festgesetzt.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die dem Klägervertreter zweifelsfrei zustehenden Verfahrensgebühr in Höhe von 209,30 EUR (Gebührensatz von 1,3) unter Zusatz von 20 EUR als Telekommunikationspauschale und 19% Mehrwertsteuer zu Recht um die Hälfte der Verfahrensgebühr (Gebührensatz von 0,65) nebst Mehrwertsteuer um 124,53 EUR gekürzt und so zutreffend einen Betrag von 148,34 EUR ermittelt.

Der Zahlungsanspruch folgt aus den §§ 55, 45, 47, 49 RVG; die Verfahrensgebühr ergibt sich aus RVG VV Nr. 3100, die Telekommunikationspauschale aus RVG VV Nr. 7002 und die Erstattung der Mehrwertsteuer aus RVG VV Nr. 7008.

Die vorgenommene Kürzung der Verfahrensgebühr um die Hälfte findet ihren Rechtsgrund in S. 1 der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG VV, in dem es heißt:

Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.

Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinen Urteilen vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06 – (Rpfleger 2007, 505) und vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06 – (AGS 2008, 41) ausgeführt, dass – sofern nach RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist – sich nicht die bereits entst...

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