keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsschulung. Erforderlichkeit. Verhältnismäßigkeit. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

 

Leitsatz (amtlich)

Ein knapp viertägiges Betriebsratsseminar zum Thema: „Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz”, das sich u.a. mit Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats im Rahmen des AGG und der Ausarbeitung einer Musterbetriebsvereinbarung befasst, ist unabhängig davon erforderlich im Sinne der §§ 37 Abs. 6, 40 BetrVG, dass konkrete Diskriminierungen oder Ungleichbehandlungen bisher im Betrieb nicht festgestellt werden konnten.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6, § 40; AGG § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Hanau (Beschluss vom 22.03.2007; Aktenzeichen 2 BV 2/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hanau vom 22. März 2007 – 2 BV 2/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung zum Thema Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.

Erstinstanzliche Antragsteller und Beteiligte zu 1) und 3) waren der im Betrieb der Beteiligten zu 2) gewählte fünfköpfige Betriebsrat und dessen Vorsitzender. Der Betriebsrat beantragte bei der Arbeitgeberin um die Jahreswende 2006 / 2007, die Kosten für ein Seminar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu übernehmen, an dem der Beteiligte zu 3) als Betriebsratsvorsitzender teilnehmen sollte. Wegen des Inhalts des knapp viertägigen Seminars wird auf die Seminar- und Kostenübersicht (Bl. 5, 8 d. A.) verwiesen. Referent ist Dr. A, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Hannover, Mitautor eines Kommentars zum AGG und für die Bundesregierung an der Ausarbeitung der Gesetzesfassung beteiligt. Die Arbeitgeberin verwies den Betriebsrat auf ein Inhouseseminar, dass Prof. Dr. B am 13. März 2007 zu diesem Thema speziell für Betriebsräte und andere Beschäftigte, u.a. Führungskräfte, durchführen sollte.

Die Beteiligten zu 1) und 3) haben die Schulung für erforderlich gehalten, weil das AGG für Betriebsräte vielfältige Kompetenzen vorsehe. Das von der Arbeitgeberin angebotene Inhouseseminar sei zu kurz, um alle wesentlichen Aspekte behandeln zu können. Eine Schulung zum AGG sei bereits von der Themenstellung her erforderlich, ohne dass es einer Darlegung konkreter betrieblicher Konfliktfälle bedürfe. Abgesehen davon sei der Beteiligte zu 3) – auch in seiner Funktion als Gesamtbetriebsratsvorsitzender – schon wiederholt auf Ungleichbehandlungen in Betrieb und Unternehmen angesprochen worden. Auf den diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten zu 1) und 3) wird Bezug genommen (Seite 7 des Schriftsatzes vom 12. März 2007, Bl. 52 d. A.). Die Beteiligten zu 1) und 3) haben behauptet, der Beteiligte zu 1) habe mit Schreiben vom 13. Dez. 2006, welches die beabsichtigte Entsendung des Beteiligten zu 3) auf das fragliche Seminar als Tagesordnungspunkt enthalten habe, zu einer Sitzung eingeladen. Am 20. Dez. 2006 habe der Betriebsrat einen Beschluss über den Seminarbesuch gefasst. Am 18. Jan. 2007 habe er den Beschluss gefasst, ein Beschlussverfahren einzuleiten. Zu dieser Sitzung habe er am 12. Jan. 2007 unter Anführung dieses Tagesordnungspunktes eingeladen. Auf die von ihnen vorgelegten Unterlagen wird Bezug genommen (Bl. 100 ff. d. A.). Die Beteiligten zu 1) und 3) haben beantragt,

  1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, den Beteiligten zu 3) von den Kosten für den Besuch einer Schulungsmaßnahme zu einem Seminar „Das neue allgemeine Gleichheitsgesetz” bei einer Seminardauer von vier Tagen und zu erwartenden Seminargebühren von EUR 650,– zzgl. Mehrwertsteuer sowie Kosten der Unterbringung und Verpflegung mit EUR 338 freizustellen;
  2. hilfsweise festzustellen, dass der Besuch des im Antrag zu 1) näher bezeichneten Seminars erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG ist und die Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, die Kosten einer entsprechenden Schulungsveranstaltung zu übernehmen.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) hat zunächst eine wirksame Beschlussfassung des Betriebsrats bestritten. Sie hat eine viertägige Betriebsratsschulung nicht für erforderlich gehalten und gemeint, die Vorschriften des AGG seien für die Tätigkeit des Betriebsrats nicht von unmittelbarer Bedeutung. Es sei vom Betriebsrat nicht dargelegt worden, welchen konkreten Bezug das Seminarthema zu seinen Aufgaben habe. Die Ausarbeitung einer Musterbetriebsvereinbarung könne insoweit nicht herangezogen werden, da der Gesamtbetriebsrat der Arbeitgeberin bereits einen Entwurf vorgelegt habe. Das Seminar von Prof. Dr. B, das sich speziell an Betriebsräte richte und zu dem alle Betriebsräte eingeladen worden seien, beantworte alle als klärungsbedürftig angesehenen Fragen vollumfänglich und sei von einem sehr hohen Prozentsatz der Teilnehmer positiv beurteilt worden. Das AGG weise dem Betriebsrat bei weitem nicht so viele Rechte zu, wie er für sich in Anspruch nähme. Eine viertägige Schulung stehe ...

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