keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung. Geschäftsgebühr. Mindestgebühr. Sockelgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Die Festsetzung einer Geschäftsgebühr als Mindestgebühr gemäß § 11 Abs. 8 RVG kommt nur in Betracht, wenn der Rechtsanwalt gemäß § 315 BGB verbindlich erklärt, dass er abschließend nur die Mindestgebühr geltend macht. Die Festsetzung einer Mindestgebühr als „Sockelgebühr” ist ausgeschlossen.

(Rechtsbeschwerde zugelassen)

 

Normenkette

RVG 11 VIII; BGB 315

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 09.06.2005; Aktenzeichen 6 Ca 656/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 09. Juni 2005 – 6 Ca 656/04 – wird auf Kosten des Klägervertreters zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der vorliegende Rechtsstreit endete am 13. Januar 2005 durch einen vor dem Arbeitsgericht Offenbach abgeschlossenen, prozessbeendenden Vergleich. Als Gegenstandswert für Klage und Vergleich wurde ein Betrag von 12.366,63 EUR in Aussicht gestellt. Am 29. April 2005 legte der Klägervertreter einen Kostenfestsetzungsantrag zur Festsetzung gegen die eigene Partei vor mit folgenden Positionen:

I. Gegenstandswert für die außergerichtliche Tätigkeit:

(Schreiben an Beklagte vom 01.12.2004 – Tätigkeit vom 01.12. bis 09.12.2004)

EUR 8.244,43

1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2.400 VV

EUR 583,70

Post- und Telekommunikationsgebühr nach Nr. 7002 VV

EUR 20,00

II. Gerichtliche Tätigkeit – Gegenstandswert:

(Klageauftrag vom 10.12.2004 – heute)

EUR 12.366,63

1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV

EUR 683,80

1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV

EUR 631,20

1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV

EUR 526,00

Post- und Telekommunikationsgebühr nach Nr. 7002 VV

EUR 20,00

Netto-Zwischensumme:

EUR 2.464,70

abzgl. 50 % der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV (EUR 583,70)

EUR 291,85

Differenz-Nettobetrag:

EUR 2.172,85

16 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV

EUR 347,66

Gesamtvergütungssumme :

EUR 2.520,51

abzügl. bereits geleisteter Zahlungen vom 17.01.2005 über

- EUR 1.432,60

vom 30.01.2005 über

- EUR 563,76

zur Festsetzung beantragter Differenzvergütungsbetrag

EUR 524,15

Nach entsprechendem Hinweis setzte die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 09. Juni 2005 die vom Kläger zu erstattenden Kosten auf 161,47 EUR fest auf der Basis folgender Berechnung:

II. Gerichtliche Tätigkeit – Gegenstandswert: (Klageauftrag vom 10.12.2004 – heute)

EUR 12.366,63

1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV

EUR 683,80

1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV

EUR 631,20

1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV

EUR 526,00

Post- und Telekommunikationsgebühr nach Nr. 7002 VV

EUR 20,00

Netto-Zwischensumme:

EUR 1.860,20

16 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV

EUR 297,63

Gesamtvergütungssumme :

EUR 2.157,83

abzügl. bereits geleisteter Zahlungen vom17.01.2005 über

- EUR 1.432,60

vom 30.01.2005 über

- EUR 563,76

zur Festsetzung beantragter Differenzvergütungsbetrag

EUR 161,47

Die Festsetzung einer Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG wies sie somit zurück. Nach Zustellung des Beschlusses am 24. Juni 2005 legte der Klägervertreter hiergegen am 08. Juli 2005 sofortige Beschwerde ein mit dem weiteren Verlangen der Festsetzung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG nach Maßgabe seines Antrags vom 29. April 2005, jedenfalls aber eine 0,5 Geschäftsgebühr.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde am 22. Juli 2005 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wie auch der angehörten Bezirkrevisorin wird auf den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägervertreters ist zulässig (§ 11 Abs. 2 RVG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO), insbesondere ist sie gemäß § 569 Abs. 1 ZPO fristgerecht innerhalb von 2 Wochen erhoben. Der notwendige Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR ist erreicht (§ 567 Abs. 2 ZPO),

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägervertreters zur Festsetzung einer Geschäftsgebühr in Höhe des 1,3-fachen Satzes nach Maßgabe von Nr. 2400 VV RVG zurückgewiesen. Die Geschäftsgebühr ist eine außergerichtliche Gebühr, die grundsätzlich der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 11 RVG nicht zugänglich ist, denn diese kommt nur in Betracht, „soweit die gesetzliche Vergütung, … zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören” (§ 11 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dies war bereits unter der Geltung der inzwischen außer Kraft getretenen Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung so (§ 19 Abs. 8 BRAGO). Allerdings haben schon auf dem Boden der BRAGO einige Gerichte dann, wenn nur die Mindestgebühr geltend gemacht wurde, trotz des eindeutigen Wortlauts des § 19 Abs. 8 BRAGO eine Festsetzung der Vergütung im Verfahren nach § 19 BRAGO als zulässig angesehen (so z. B. OVG Lünneburg, MDR 1997, 198; OLG Koblenz, MDR 2000, 1033; a. A. KG JurBüro 1991, ...

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