Leitsatz

  1. Im Hinblick auf die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers nach § 43 GmbHG ist zu berücksichtigen, dass diesem bei unternehmerischen Entscheidungen ein erhebliches Handlungsermessen zusteht. Dieses Ermessen ist beim Erwerb eines anderen Unternehmens (hier eines weiteren Klinikbetriebs) aber überschritten, wenn die Grundlagen, Chancen und Risiken der Investitionsentscheidung nicht ausreichend aufgeklärt worden sind.
  2. Zumindest dann, wenn nicht ausreichende, gesicherte Erkenntnisse über das zu erwerbende Unternehmen vorhanden sind oder wenn vorhandene Informationen Unklarheiten aufweisen, wird eine umfassende "Due Diligence" durchzuführen sein. Wird dies unterlassen, kommt bei einer zu erheblichen Verlusten führenden Fehlinvestition eine Geschäftsführerhaftung in Betracht.
  3. Ist bei der GmbH ein vorhandener Aufsichtsrat in die Entscheidung über den Unternehmenserwerb eingebunden, haben die Geschäftsführer den Aufsichtsrat über die für die Erwerbsentscheidung wesentlichen Umstände vollständig und sachlich zutreffend zu informieren.
 

Sachverhalt

Der Kläger war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten, d. h. einer GmbH, die – teilweise auch über Tochtergesellschaften – bundesweit Akut- und Rehabilitationskliniken betreibt. Die GmbH hatte einen Aufsichtsrat, dem aufgrund des Mitbestimmungsgesetzes auch Arbeitnehmer angehörten. Neben dem Kläger hatte die Beklagte zeitweise einen weiteren, ebenfalls alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer.

Der Kläger erwarb zusammen mit dem damaligen Mitgeschäftsführer für die Beklagte unter Gremienvorbehalt aus einer Insolvenz eine Klinik. Mit entsprechender Aufsichtsratsvorlage und mündlicher Information in der Aufsichtsratssitzung holte die Geschäftsführung sodann hierzu die nach der Geschäftsordnung vorgesehene Zustimmung des Aufsichtsrats ein.

Die Beklagte machte im Rahmen des Rechtsstreits geltend, dass die damalige Kaufentscheidung der Geschäftsführung fehlerhaft gewesen sei. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass die Entscheidung auf unzureichender Grundlage und unter Verkennung der vorhandenen nachhaltigen Verlustlage der Klinik getroffen worden sei. Der Aufsichtsrat sei nur unvollständig unter Vorenthaltung wesentlicher Unterlagen informiert worden und hätte bei Kenntnis des vollständigen Sachverhalts seine Zustimmung nicht erteilt. Nach Auffassung der Beklagten war der Kläger als Geschäftsführer für die durch die Klinik erzielten erheblichen Verluste schadensersatzpflichtig.

 

Entscheidung

Das OLG Oldenburg hat in seiner Urteilsbegründung zunächst ausgeführt, dass der Pflichtenkreis des Geschäftsführers maßgebend durch seine Aufgaben bestimmt wird, die Geschäfte der GmbH in einer dem Gesellschaftszweck entsprechenden Weise unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften und der von den Gesellschaftern gesetzten Vorgaben (vgl. § 37 Abs.1 GmbHG) erfolgreich zu führen. Der Geschäftsführer hat dabei – wie aus § 43 Abs. 1 GmbHG folgt – die Sorgfalt eines ordentlichen, gewissenhaften Geschäftsmanns einzuhalten. Der Sorgfaltsstandard hat sich dabei an der Person eines selbstständigen, treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen zu orientieren.

Soweit der Gesellschaft ein Schaden im Sinne einer Vermögenseinbuße entstanden ist, die dem Pflichtenkreis des Geschäftsführers zuzuordnen ist und insoweit die Möglichkeit einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers besteht, obliege es diesem darzulegen und zu beweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder schuldlos nicht nachkommen konnte, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Soweit im Rahmen der Geschäftsführung unternehmerische Entscheidungen vom Geschäftsführer zu treffen sind, sei ein hier bestehender Ermessensspielraum zu berücksichtigen. Dieser Handlungsspielraum des Geschäftsführers schließe auch das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken mit der Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehlentscheidungen ein. Er sei aber dann überschritten, wenn ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln fehle (vgl. dazu nunmehr § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG), wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden sei oder wenn das Verhalten des Geschäftsführers aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten müsse (siehe dazu auch die Entscheidungsbesprechung "Sorgfaltspflicht von Unternehmensleitern und Umfang der Entlastungswirkung").

Nach Auffassung des Gerichts lagen dem Erwerb der verlustbringenden Klinik durch die Beklagte Fehler der Geschäftsführung des Klägers zu Grunde, die in der unzureichenden, fehlerhaften Vorbereitung des Erwerbs der Klinik und in einer unzutreffenden, zumindest aber unvollständigen Information des in die Kaufentscheidung eingebundenen Aufsichtsrats der Beklagten zu sehen waren.

Dem Abschl...

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