Normenkette

§§ 633ff. BGB, § 326 Abs. 1 S. 2 BGB

 

Kommentar

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann der einzelne Eigentümer die auf Erfüllung des Erwerbsvertrags zielenden Ansprüche ohne zuvor ergangenen Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft einklagen. Er kann daher selbstständig Nachbesserung der Mängel am Gemeinschaftseigentum oder Zahlung eines dafür erforderlichen Vorschusses bzw. Erstattung der Mängelbeseitigungskosten verlangen. Der einzelne Eigentümer ist daher auch befugt, die Erfüllung etwaiger bei Erwerb der Wohnung von dem Veräußerer oder von einem Dritten übernommener Renovierungsverpflichtungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen. Ebenso kann er Schadenersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls dann fordern, wenn der Veräußerer oder der Dritte seiner Verpflichtung trotz einer mit Ablehnungsandrohung verbundenen Fristsetzung nicht nachgekommen ist und die von dem Wohnungseigentümer geforderte Summe - wie hier - gerade den zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes erforderlichen Betrag ausmacht, dessen zweckentsprechende Verwendung gesichert ist, weil die Zahlung zu Händen des Verwalters erstrebt wird. Dies ist dann ähnlich den Vorschusszahlungen gem. § 633 Abs. 3 BGB. Der Schadenersatzanspruch ist hier letztlich auf das gleiche Ziel gerichtet wie die Mängelbeseitigung. Ob diese Klagebefugnis der einzelnen Wohnungseigentümer dann entfällt, wenn die Gemeinschaft den Verwalter mit Beschluss zur gerichtlichen Geltendmachung der ihr zustehenden Ansprüche ermächtigt hat (hier nicht), kann dahingestellt bleiben.

Nach der Senatsrechtsprechung können Wohnungseigentümer dann, wenn sie den Nachbesserungsanspruch und das Recht, die Mängel selbst zu beseitigen, verloren haben, nur noch als Gemeinschaft beschließen, ob wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum vom Veräußerer Minderung oder Schadenersatz gefordert wird. Maßgebend hierfür ist, dass diese Gewährleistungsrechte lediglich einheitlich und damit gemeinschaftlich ausgeübt werden können. Die Wahl, ob Minderung oder Schadenersatz verlangt werden soll, kann daher nicht von jedem einzelnen Wohnungseigentümer für sich allein, sondern muss gemeinschaftlich für alle getroffen werden. Zum Schutz des Schuldners ist deshalb nur eine gemeinschaftliche Verfolgung dieser Rechte zulässig; einem entsprechenden Beschluss der Eigentümer kommt insoweit Außenwirkung zu. Würden einzelne Eigentümer nach einem solchen Beschluss dennoch Klage auf Nachbesserung erheben, müsste diese Klage erfolglos bleiben. Der Veräußerer soll nur auf eine Klage eingehen müssen; Überschneidungen bei der Prüfung der einzelnen Mängel sollen vermieden werden.

Diese Grundsätze gelten allerdings bei Schadenersatzansprüchen nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen angeblicher Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen zumindest nicht uneingeschränkt. Ein Wahlrecht ähnlich dem des § 634 Abs. 1 BGB zwischen Minderung und Schadenersatz gibt es hier nicht. Da im vorliegenden Fall der Beschluss der Eigentümer nicht auf eine Geltendmachung der Ansprüche allein durch die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet war, konnte es den Klägern nicht verwehrt werden, hier selbstständig Schadenersatzansprüche zu verfolgen und Zahlung jedenfalls an den Verwalter zu verlangen.

Eine solche Klage liegt auch im Interesse der übrigen Eigentümer, weil ein etwa geschuldeter Schadenersatz wegen unterlassener Erneuerung des Gemeinschaftseigentums bei zweckentsprechender Verwendung des eingeklagten Betrages auch ihnen zugute kommt. Einer etwaigen (nachträglichen) Klage aller Eigentümer gegen die Beklagte stünde die Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens insoweit entgegen, als auch die Kläger beteiligt wären. Auch das schutzwürdige Interesse der Kläger erfordert es, bei einem begründeten Anspruch gegen die Beklagte zumindest Leistung an den Verwalter verlangen zu können.

 

Link zur Entscheidung

( BGH, Urteil vom 10.03.1988, VII ZR 171/87)

zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen, Baumängel

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