Wirkt eine Anlage im Sinn von § 907 Abs. 1 BGB

  • von selbst (etwa durch abrutschende Erdmassen einer Deponie)
  • oder durch die Art ihrer Benutzung (etwa durch Rauch- und Geruchsbelästigungen eines gemauerten Gartengrills oder durch Lärmbelästigungen und Kotverschmutzungen durch Tauben, die in einem Taubenschlag untergebracht sind)

in der in Kap. 2.2 dargestellten Weise unzulässig auf ein Nachbargrundstück ein oder ist mit Sicherheit eine derartige Einwirkung voraussehbar (vgl. hierzu Kap. 2.3.2), kann nach allgemeiner Meinung grundsätzlich die Beseitigung der Anlage verlangt werden.

 
Hinweis

Abwägung der beiderseitigen Interessen

Bei der Geltendmachung dieses Anspruchs heißt es aber aufzupassen, weil die Gerichte im Allgemeinen unter Berücksichtigung der beiderseitigen Nachbarinteressen eine Abwägung vornehmen, die eine Beseitigung der Anlage dann ausschließt, wenn auf andere Weise die unzulässige Einwirkung verhindert werden kann.

2.3.1.1 Bienenhaltung

Eine derartige Abwägung ergibt etwa bei der Bienenhaltung, dass bei festgestellter Bienengiftallergie der höchsten Stufe der durch Bienenstiche lebensgefährlich bedrohte Nachbar einen Anspruch auf Beseitigung aller auf dem angrenzenden Grundstück aufgestellten Bienenstöcke hat. Denn hier ergibt die Abwägung einen Vorrang des Schutzes von Leben und Gesundheit vor den Interessen an der Bienenhaltung, zumal dann, wenn sie nur als Hobby betrieben wird.[1]

Können andererseits zumutbare Verhältnisse durch eine Reduzierung der Bienenvölker erreicht werden (im konkreten Fall von 40 auf 20), kann nicht mehr als diese Maßnahme verlangt werden.[2]

[1] So LG Ellwangen, Urteil v. 21.6.1985, 1 S 48/85-10, NJW 1985, 2339.
[2] Vgl. hierzu OLG Nürnberg, Urteil v. 25.2.1970, 4 U 106/68, RdL 1970, 95.

2.3.1.2 Froschteich

Bei lautstarken Fröschen in einem künstlich angelegten Gartenteich, die mit ihrem Gequake die Nacht zum Tag machen, kann nach den Grundsätzen der Rechtsprechung ein Zuschütten des Teichs nur dann verlangt werden, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, um übermäßige Lärmeinwirkungen auf Nachbargrundstücke zu vermeiden. Ist das gleiche Ziel durch das Umsiedeln und künftige Fernhalten der Frösche zu erreichen, kann nicht mehr als dieses verlangt werden.

Dass eine solche Maßnahme zumindest bei einem künstlich angelegten Froschteich in einem reinen Wohngebiet auch naturschutzrechtlich zulässig ist, hat die Rechtsprechung inzwischen anerkannt.[1]

2.3.1.3 Gemauerter Gartengrill

Bei Rauch- und Geruchsbelästigungen durch einen Gartengrill ist zu bedenken, dass nach der Rechtsprechung das Grillen nicht allgemein verboten ist. Bei unzumutbaren Belästigungen der Nachbarschaft kommen allenfalls Benutzungsbeschränkungen in Betracht.

So hat etwa das Amtsgericht Regensburg die monatlich zweimalige Benutzung eines an der Nachbargrenze aufgestellten Gartengrills für jeweils drei Stunden als für den Nachbarn noch zumutbar gewertet.[1] Das Amtsgericht Bonn hält das Grillen einmal im Monat von April bis September als für die Nachbarschaft zumutbar.[2] Und das Bayerische Oberste Landesgericht hält es für vertretbar, dass auf der Gartensondernutzungsfläche einer Wohneigentumsanlage fünfmal im Jahr auf einem Holzkohlengrill gegrillt wird.[3]

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung wird die Beseitigung eines störenden gemauerten Gartengrills nur dann verlangt werden können, wenn nur diese einzige Maßnahme geeignet ist, Beeinträchtigungen vom Nachbargrundstück fernzuhalten. Zu denken wäre etwa an den eher seltenen Fall, dass sich ein gemauerter Gartengrill in einer Reihenhaussiedlung im Terrassenbereich unmittelbar an der Grundstücksgrenze befindet.

[1] So AG Regensburg, Urteil v. 26.6.1995, 5 C 2068/95 (nicht veröffentlicht).

2.3.1.4 Schwalbennester

Ähnlich verhält es sich bei künstlichen Schwalbennestern, die ein Hausbesitzer unter der Dachtraufe seines Hauses anbringt, um etwa die Vögel bei ihrem Brutgeschäft zu beobachten. Hier kann nur die Reduzierung der Schwalbenkunstnester (im konkreten Fall von 48 auf 24), nicht aber ihre komplette Beseitigung verlangt werden, wenn diese Beschränkung ausreicht, um das Nachbargrundstück vor übermäßiger Kotverschmutzung durch die Schwalben zu schützen. Hinzu kommt hier, dass Schwalben artenschutzrechtlich geschützt sind und die Naturschutzbehörde ein Wort mitzureden hat.[1]

2.3.1.5 Taubenschlag

Auch bei der Taubenhaltung wird nur in seltenen Fällen die Beseitigung des Taubenhauses oder Taubenschlags auf dem Nachbargrundstück verlangt werden können, wenn durch Reduzierung der Zahl der Tauben Lärmbelästigungen und Kotverschmutzungen eines angrenzenden Grundstücks auf eine zumutbare Weise begrenzt werden können.

 
Praxis-Beispiel

Anzahl "zulässiger" Tauben ist nach der Rechtsprechung sehr unterschiedlich

In ländlichen Gebieten

  • Das LG Itzehoe[1] hat die Haltung von ...

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