Verfahrensgang

AG Hechingen (Urteil vom 03.02.1994; Aktenzeichen 3 (1) C 657/93)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Hechingen vom 3. Februar 1994 abgeändert.

  1. Der Beklagte wird verurteilt, die 24 Stück übersteigende Zahl von Schwalbenkunstnestern an seinem Wohnhaus in nach vorheriger Befreiung von entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Verboten durch die Naturschutzbehörde, zu entfernen. Die Entfernung darf nur während der jahreszeitlich bedingten Abwesenheit der Schwalben erfolgen, frühestens am 15. Oktober, spätestens am 15. April.
  2. Auf den mit der Anschlußberufung hilfsweise gestellten Antrag der Kläger wird der Beklagte verurteilt, bei der zuständigen Naturschutzbehörde eine Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten zu beantragen, kraft derer er zur Entfernung der 24 Stück übersteigenden Zahl von Schwalbenkunstnestern an seinem Wohnhaus in … berechtigt ist.
  3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlußberufung werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

Streitwert der Berufung: 2.500,– DM

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin sind zulässig. Die Berufung ist teilweise begründet, desgleichen die Anschlußberufung, die in ihrem Hilfsantrag Erfolg hat.

I.

1. a) In tatsächlicher Hinsicht stellt die Kammer folgendes fest:

Die 48 Schwalbenkunstnester (24 Doppelnester) am Wohnhaus des Beklagten sind von den Vögeln angenommen und praktisch voll belegt worden. In der Zeit, in der gebrütet wird und Jungvögel gefüttert werden, die den Großteil der jahreszeitlich begrenzten Anwesenheit der Schwalben ausfüllt, herrschte tagsüber intensiver Vogelflug von und zu den Nestern, der zu einem beträchtlichen Teil über das Grundstück der Kläger führte. Es waren oft 20 bis 40 Schwalben gleichzeitig im Luftraum über dem klägerischen Grundstück. Die überfliegenden Schwalben scheiden Kot ab. Es ist in zurückliegender Zeit immer wieder vorgekommen, daß im Freien aufgehängte Wäsche und am Haus geparkte PKW verschmutzt und durch die Inhaltsstoffe des Kots angegriffen wurden. Gelegentlich waren zwei bis drei derartiger Kotflecken täglich zu bemerken. Am Putz und an den Holzteilen der Außenfassade des Wohnhauses der Kläger sind trotz alsbaldiger Reinigung gut sichtbare Flecken von Schwalbenkot in nicht geringer Zahl zurückgeblieben. In dem dafür geeigneten und bestimmten Garten konnten Hausbewohner und Gäste nicht ungestört im Freien sitzen, weil sie nicht sicher sein konnten, ob sie nicht das Ziel eines Kotabwurfs würden. Abgesehen davon mußten sie sich immer vorsehen, nicht mit vorhandenem Kot ungewollt in Berührung zu kommen.

b) Diese Tatsachenfeststellungen beruhen auf den Angaben der Parteien, auf der Aussage der Zeugin Merkel und dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins.

Die Zeugin Merkel hat angegeben, daß mit der Zunahme der vom Beklagten montierten Kunstnester auch der Überflug durch Schwalben und die dabei verursachten Kotablagerungen zugenommen hätten, bis das derzeitige Ausmaß der Beeinträchtigungen erreicht worden sei. Kotverschmutzungen seien im gesamten Garten auf getreten, auch auf im Freien aufgehängter Wäsche und auf geparkten Autos. Sie habe ein Cabriolet, in dem sie bei offenem Verdeck schon Schwalbenkot vorgefunden habe, desgleichen häufiger auf Verdeck und Motorhaube. In das Verdeck sitze der Kot geradezu hinein. Bei einem längeren Abstellen des Fahrzeugs bei schönem Wetter seien gelegentlich zwei bis drei Kotflecken auf einmal aufgetreten. Im Freien aufgehängte Wäsche sei nicht jedes Mal verschmutzt worden, aber doch immer wieder und mit Sicherheit öfter als zwei bis drei Mal während einer Saison. Die Klägerin Ziff. 1 habe sich öfter darüber beklagt, daß sie Wäschestücke nochmals habe waschen müssen. Solange sie noch in dem Haus der Kläger, ihrer Eltern, gewohnt habe, nämlich bis September 1993, habe sie Schwalben in großer Zahl im Luftraum über dem Garten angetroffen, sicher oft 30 – 40 Stück gleichzeitig und ziemlich tief fliegend. Daß etwa 20 Schwalben gleichzeitig über dem klägerischen Grundstück in der Luft gewesen seien, sei fast normal gewesen. Es seien auf und über dem klägerischen Grundstück auch andere Vögel zu sehen gewesen, die Schwalben seien aber weitaus in der Überzahl gewesen. Man sei weniger als früher in den Garten gegangen, weil man immer habe sehen müssen, daß man sich nicht in Schwalbenkot setze; insbesondere habe man sich nicht mehr getraut, im Freien zu essen, weil man mit herabfallendem Kot gerechnet habe. Die Kammer hält diese Angaben der Zeugin für glaubhaft. Es liegt in der Natur der Sache, daß bei der in Rede stehenden Beeinträchtigung über längere Zeit hinweg aus dem Gedächtnis keine präzis lokalisierenden und quantifizierenden Einzelangaben möglich sind. Die Zeugin hat nach dem E...

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